Gesundheit

Kohlenhydrate: Unser geheimes Erbe, das die Menschheit prägte!

In der modernen Ernährung geraten Kohlenhydrate häufig in den Fokus als vermeintliche Dickmacher. Dennoch haben sie eine entscheidende Rolle in der menschlichen Evolution gespielt, wie aktuelle Forschungen belegen. Eine Studie aus den USA, kürzlich in der Fachzeitschrift „Science“ publiziert, verdeutlicht nun die Wichtigkeit von Kohlenhydraten für die Entwicklung des Menschen.

Kohlenhydrate wie Brot, Pasta oder Reis sind uns seit Jahrtausenden vertraut. Laut den Wissenschaftlern stammen die Anzeichen für unsere Vorliebe für stärkehaltige Nahrungsmittel bereits aus einer Zeit vor über 800.000 Jahren. Dieses Erbe, das für die Evolution des Menschen entscheidend war, würde durch eine genauere Betrachtung des Enzyms Amylase verständlicher. Amylase ist maßgeblich daran beteiligt, komplexe Zuckerverbindungen zu zerlegen und verleiht stärkehaltigen Lebensmitteln ihren angenehmen Geschmack.

Das Enzym Amylase und seine Rolle

Amylase wird im Speichel produziert und spielt eine wesentliche Rolle bei der Umwandlung von Stärke in Glukose. Genetische Studien haben gezeigt, dass Menschen über mehr Kopien des AMY1-Gens verfügen als unsere nächsten Verwandten, Schimpansen und Gorillas. Dies gibt Aufschluss darüber, wie sich die Fähigkeit, Stärke effizient zu verdauen, positiv auf das Überleben unserer Vorfahren ausgewirkt hat.

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Die Forschungsteam um Evolutionsbiologe Omer Gokcumen hat sich mit der Frage beschäftigt, wann und warum sich diese genetischen Unterschiede herausgebildet haben. Die Forscher haben Genome von zeitgenössischen Menschen aus verschiedenen Regionen mit denen aus der Vorzeit, darunter Neandertaler und Denisova-Menschen, verglichen. Dabei kamen sie zu dem Schluss, dass bereits vor der Landwirtschaft Menschen über mehrere Kopien des AMY1-Gens verfügten.

In diesem Zusammenhang ist besonders interessant, dass in den alten Proben von Menschen aus Rumänien und Sibirien bis zu acht Kopien des AMY1-Gens identifiziert wurden. Diese Beobachtungen verdeutlichen, dass der Mensch auch in jener Zeit an eine stärkereiche Ernährung angepasst war, bevor Ackerbau und Hauswirtschaft etabliert wurden.

Ein weiterer bedeutender Punkt ist der Einfluss der neolithischen Revolution, als sich Gesellschaftsstrukturen änderten und von Jägern und Sammlern zu sesshaften Landwirten vollzogen wurde. In dieser Zeit stieg die Anzahl der AMY1-Kopien markant an, was vermutlich mit der Ernährung agrarisch lebender Kulturen zusammenhängt.

Die Autoren der Studie betonen, dass Individuen mit einer höheren Anzahl von AMY1-Kopien wahrscheinlich effizienter in der Stärkedigestierung waren. Dies könnte erklärt werden durch die Tatsache, dass sie überlebensfähiger waren und mehr Nachkommen hatten, was schließlich zu einer erhöhten Weitergabe dieser genetischen Merkmale führte.

Zusätzliche Forschungsergebnisse zeigen, dass einige Menschen sogar über bis zu 20 Kopien des AMY1-Gens verfügen. Regionen wie Ozeanien, Süd- und Ostasien weisen besonders hohe Variationen auf. Auch die Unterschiede zwischen dem AMY2-Gen, das in zwei Versionen existiert, zeigen, wie die menschliche Evolution sich an unterschiedliche Ernährungsweisen anpasst.

Ein wichtiger Aspekt der Studie ist, dass auch alte menschliche Proben von Neandertalern und Denisova-Menschen mehrere Kopien des AMY1-Gens aufwiesen. Dies legt nahe, dass der Ursprung dieser Duplikationen tatsächlich lange vor der modernen menschlichen Entwicklung liegt und unsere Vorfahren bereits vor über 800.000 Jahren genetisch an eine kohlenhydratreiche Ernährung angepasst waren.

Nach Ansicht der Forscher könnte diese genetische Diversität eine entscheidende Rolle bei der Anpassung des Menschen an unterschiedliche Lebens- und Ernährungsbedingungen spielen. Das Phänomen der konvergenten Evolution, bei dem ähnliche genetische Anpassungen bei verschiedenen Arten unabhängig auftreten, könnte hier ebenfalls eine Rolle spielen. Die Variabilität in der AMY1-Kopienzahl könnte sich sogar positiv auf die Stoffwechselgesundheit auswirken, was zukünftige Forschungsansätze anregen dürfte.

Diese Forschung eröffnet neue Perspektiven auf die evolutionären Mechanismen, die der Stärkeverdauung und dem Glukosestoffwechsel zugrunde liegen. Eine tiefere Untersuchung der genetischen Vielfalt könnte uns helfen, die Auswirkungen auf die Gesundheit des Menschen und dessen Ernährung besser zu verstehen, was für die zukünftige wissenschaftliche Diskussion von großer Bedeutung sein dürfte.

mit dpa

Quelle/Referenz
welt.de

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