Das Nähmaschinenwerk in Wittenberge, eine beeindruckende industrielle Stätte mit mehr als 100 Jahren Geschichte, hat kürzlich eine spezielle Auszeichnung erhalten: Es wurde zum „Historischen Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland“ ernannt. Diese Anerkennung wird von der Bundes- und der Brandenburgischen Ingenieurkammer verliehen und hebt die Bedeutung des Gebäudes im heutigen Veritas-Park hervor.
Das Hauptgebäude der ehemaligen Fabrik, das 1907 erbaut wurde, beeindruckt durch seinen einzigartigen Eisenbeton-Skelettbau. Mit einer beeindruckenden Länge von 200 Metern wurde es innerhalb von nur fünf Monaten errichtet und besitzt eine Tragfähigkeit von 1,6 Tonnen pro Quadratmeter. Die notorisch namhafte Wayss & Freytag AG, unter der Leitung des Bauingenieurs Paul Thiele, war für die Planung verantwortlich.
Die Geschichte der Nähmaschinenproduktion
Das historische Werk hat eine bewegte Geschichte. Ab 1903 wurden hier die ersten Nähmaschinen unter der Marke Singer produziert. Es wurde zum größten Standort für Haushaltsnähmaschinen in Europa. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Fabrik als Reparationsleistung demontiert, jedoch bald darauf wiederaufgebaut und von der Veritas AG betrieben. In der DDR ersetzte das VEB Nähmaschinenwerk Wittenberge die Singer-Produktion und beschäftigte zu Spitzenzeiten über 3.000 Mitarbeiter.
Wittenberge, oft als „Stadt der Nähmaschinen“ bezeichnet, hat eine wichtige Rolle in der industriellen Entwicklung Deutschlands gespielt. Die Kombination aus einem strategisch günstigen Standort und einem leistungsstarken Produktionssystem hat zur Blütezeit des Werks beigetragen. Oliver Hermann, der Bürgermeister von Wittenberge, bemerkte, dass die Auszeichnung eine Anerkennung der Stadtentwicklung und des kulturellen Erbes der Region darstellt. Er betonte, dass das Werk nicht nur ein bedeutendes industrielles Erbe darstellt, sondern auch eine Quelle des Stolzes für die Einwohner ist.
Das Nähmaschinenwerk steht nicht nur als technisches Monument da, sondern auch als kulturelles Symbol – der Uhrenturm des Werks gilt als eines der Wahrzeichen Wittenberges und zieht Touristen an. Die Ingenieure und Architekten jener Zeit haben mit innovativen Baukonzepten und faszinierenden Strukturansätzen eine architektonische Meisterleistung geschaffen.
Die Auszeichnung des Wittenberger Nähmaschinenwerks ist Teil einer größeren Initiative, die seit 2007 Werke der Ingenieurbaukunst in Deutschland anerkennt. Bislang wurden insgesamt 30 Wahrzeichen in dieser Kategorie ausgezeichnet, darunter historische Bauwerke in Niederfinow und Potsdam. Diese Auszeichnung wird auch in einer 60-seitigen Publikation festgehalten, die sich mit der technischen und historischen Bedeutung des Nähmaschinenwerks befasst.
Die Verleihung der Ehrung erfolgt in einem Kontext, in dem der Erhalt industrieller Denkmäler und deren Umnutzung in der modernen Stadtentwicklung immer relevanter wird. Die Pläne für das Wittenberger Areal beinhalten eine mögliche Neugestaltung als Standort für Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur. Diese Vorhaben könnten den spannenden Dialog zwischen Geschichte und Zukunft in der Region weiter fördern.
Diese interessante Entwicklung unterstreicht die anhaltende Relevanz des Nähmaschinenwerks, während die Stadt an der Elbe weiterhin an ihren industriellen Wurzeln festhält und sich in eine innovative Zukunft bewegt, die sowohl die Geschichte als auch moderne Ansprüche an die Nutzung von Raum und Altbestand berücksichtigt.
Mehr Informationen zu diesem beeindruckenden Gebäude und seiner Geschichte können in dem Artikel von www.rbb24.de nachgelesen werden.