Berlin hat sich vor zehn Jahren mit dem Berlin-Prozess das Ziel gesetzt, den Westbalkan enger an die Europäische Union zu binden. Die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach von einer Integration, die die Länder fit für die EU machen sollte. Diese Bemühungen wurden kürzlich von Olaf Scholz, dem heutigen Bundeskanzler, aufgegriffen. Scholz betonte, dass die EU erst vollständig sei, wenn der Westbalkan Teil davon werde. Doch die jüngsten Entwicklungen zeigen, dass der Berlin-Prozess zunehmend in eine Sackgasse geraten ist.
Bei einem kürzlich stattgefundenen Gipfel, zu dem Scholz eingeladen hatte, wurden zwar einige Fortschritte in Bezug auf die Zusammenarbeit festgestellt, wie die Schaffung eines gemeinsamen Marktes und die Förderung des akademischen Austauschs. Doch die Relevanz dieser Maßnahmen bleibt fraglich, da die Bereitschaft vieler Balkanländer zur EU-Näherung abnimmt. Dies verdeutlicht die Abwesenheit des serbischen Präsidenten Aleksandar Vucic, der normalerweise stets in der Öffentlichkeit präsent ist und stattdessen seinen Premierminister Milos Vucevic geschickt hat.
Alternative Wege zur EU
Ein entscheidender Faktor für diese Veränderungen ist, dass die Balkanländer zunehmend Alternativen zur EU annehmen. Besonders Serbien hat unter den verschiedenen politischen und wirtschaftlichen Strömungen profitiert. China engagiert sich aktiv in der Region, um sie in seine Neue Seidenstraße zu integrieren, dabei hat es bereits bedeutende Investitionen getätigt. Außerdem zeigen die Türkei und verschiedene arabische Länder ein wachsendes Interesse, was deren Einfluss in der Region verstärkt.
Die USA sind ebenfalls präsent, nicht nur militärisch, sondern auch diplomatisch. Falls Donald Trump in den nächsten Wahlen wieder an die Macht kommen sollte, könnte dies den geopolitischen Wettlauf um den Balkan nochmals anheizen. Dies sind Entwicklungen, die Berlin nicht ignorieren kann und will, da es eigene wirtschaftliche Interessen hat, speziell im Hinblick auf Lithiumvorkommen in Serbien, die für die deutsche Industrie von großem Interesse sind.
Allerdings sind die Implikationen dieser Zusammenarbeit für die Umwelt und die Gesellschaft vor Ort nicht unerheblich. Die deutschen Investitionen in Serbien könnten massiv zu Umweltschäden führen, was sowohl innerhalb Deutschlands als auch in den betroffenen Ländern zu Protesten führt. Die Frage nach einer Partnerschaft auf Augenhöhe bleibt unbeantwortet, während der Balkan sowohl in als auch außerhalb der EU als eine Art Hinterhof für Deutschland gilt, wo wirtschaftliche Vorteile im Vordergrund stehen.
In Anbetracht dieser Situation bleibt fraglich, ob die ursprünglich gesteckten Ziele des Berlin-Prozesses je erreicht werden können. Es zeichnet sich immer deutlicher ab, dass die Zusammenkünfte und Absichtserklärungen nicht die gewünschte Wirkung erzielen. Die Realitäten vor Ort und die geopolitischen Dynamiken könnten die Zusammenarbeit zwischen der EU und den westbalkanischen Ländern auf eine harte Probe stellen. Zukünftige Entwicklungen werden zeigen, ob und wie sich der Westbalkan weiterhin um eine EU-Mitgliedschaft bemühen wird, während er sich gleichzeitig offen für andere Einflussnehmer zeigt.
Für eine detaillierte Betrachtung des Falls, siehe den Bericht auf www.presseportal.de.
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