In der kleinen Stadt Gedern wird ein ungewöhnliches Ereignis gefeiert: Peter Becker, ein Zimmermann, ist nach einer vierjährigen Wanderschaft zurückgekehrt. Diese Tradition des Wanderns, die Gesellen auch die Möglichkeit bietet, ihr Handwerk in verschiedenen Ländern zu erlernen, bedeutet für viele junge Handwerker eine prägende Erfahrung.
Peter Beckers Rückkehr war ein emotionales Spektakel. Schon lange vor seinem Erscheinen versammelten sich Verwandte und Freunde an der Seestraße, um ihn in Empfang zu nehmen. Das Ritual, bei seiner Rückkehr über ein Ortsschild zu klettern, war eine wichtige Tradition, auch wenn das echte Ortsschild bereits durch Hinweistafeln zur bevorstehenden Landesgartenschau 2027 ersetzt worden war.
Freunde und Familie warten auf Becker
Die Vorfreude war spürbar, als die ersten Gesellen sich auf dem Weg machten, um Becker zu empfangen. Als er schließlich ankam, begleiteten ihn seine Kameraden singend auf ihrem Weg. Die Freude, nach so langer Zeit die Heimat wiederzusehen, war allen deutlich anzumerken. Bei der Ankunft wurde Becker von zahlreichen Umarmungen und herzlichen Grüßen empfangen.
Ein bedeutendes Ritual hatte noch auf ihn gewartet: Am ersten Tag seiner Wanderschaft hatte er zwei Flaschen vergraben, eine mit guten Wünschen und eine Schnapsflasche für ein Abschiedsgetränk. Doch als einige Jahre später das Wiederfinden dieser Flaschen anstand, blieb die Suche erfolglos. Man vermutete, dass das Ortsschild und die Umgebung Veränderungen unterworfen waren und die Flasche möglicherweise der Stadtverwaltung in die Hände gefallen war. „Vielleicht haben sie den Schnaps schon getrunken und die Flaschen ersetzt“, schmunzelte ein Beobachter.
Erfahrungen auf der Wanderschaft
Becker begann seine Wanderschaft nach dem Abschluss seiner Ausbildung und genoss die damit verbundene Freiheit. Die eingehenden Regeln, keine Kontakt mit der Heimat aufzunehmen und die Abwesenheit von Mobiltelefonen, erforderten vollständige Hingabe an die neue Lebensweise. Diese Abgeschiedenheit förderte die Intensität der Erfahrungen, die er insbesondere im Ausland machte.
Seine Zeit in verschiedenen Ländern war sowohl lehrreich als auch herausfordernd. In Portugal baute er an einem komplexen Dach, während er in Namibia nicht nur Schiebetüren, sondern auch einen Pizzaofen und einen Hühnerstall im Team errichtete. „Ich habe in mindestens zehn verschiedenen Berufen gearbeitet“, so Becker, der nicht nur auf sein Handwerk beschränkt blieb, sondern auch in sozialen Zusammenhängen sowie zwischenmenschlichen Beziehungen wuchs.
Becker sieht seinen Besuch im Ausland als große Bereicherung. „In Deutschland verfeinert man die Handwerkstechnik, im Ausland lernt man improvisieren“, merkt er an. Diese gemachten Erfahrungen halfen ihm dabei, Menschen besser einzuschätzen und die Hilfsbereitschaft, die er oftmals erlebte, zu schätzen lernen. „Das Land ist nur so schön wie die Menschen“, fasst er seine Sichtweise zusammen, die geprägt ist von Offenheit und Respekt gegenüber anderen Kulturen.
Die Heimat heißt Becker nun mit offenen Armen willkommen, doch die Rückkehr birgt auch neue Herausforderungen. „Man muss mit dem Nachhausekommen erst mal klarkommen“, beschreibt Leon Bähr, ein Freund und Begleiter von Becker, die Gemütslage. Altes und Neues müssen sich nun wieder miteinander verbinden, während Becker versucht, seinen Platz in der veränderten Heimat zu finden.