DeutschlandDresden

Vor 150 Jahren: Einäscherung wird zum Trend für deutsche Bestattungen!

Vor 150 Jahren begann in Breslau mit der ersten Einäscherung eine Revolution der Bestattungskultur in Deutschland, die heute die beliebteste Form der letzten Ruhe darstellt und durch die Säkularisierung sowie hygienische Überlegungen den Einfluss der Kirchen stark zurückdrängte!

Einst ein Tabu für die Kirchen und heute die bevorzugte Bestattungsform in Deutschland: Die erste Einäscherung vor 150 Jahren markierte den Anfang eines tiefgreifenden Wandels im Bestattungswesen.

Die Einäscherung ist die häufigste BestattungsartImago / Pressedienst Nord

Kurze Werbeeinblendung

Die erste erfolgreiche Einäscherung eines Menschen in der modernen Geschichte fand am 22. September 1874 in Breslau statt. Diese historisch bedeutsame Tat wurde nach einer damaligen Tagung von Naturforschern unter der Leitung von Professor Carl Heinrich Reclam durchgeführt. Zu dieser Zeit hatte die Gesellschaft kaum an diese Bestattungsart gewagt, die später aufgrund von hygienischen Überlegungen und gesellschaftlichen Veränderungen an Beliebtheit gewinnen sollte.

Rückblick auf die Ursprünge der Einäscherung

Bereits zu antiken Zeiten war es in Europa gebräuchlich, Verstorbene zu verbrennen. Diese Tradition wurde jedoch im Zuge der Verbreitung des Christentums weitgehend eingestellt. Aber die Zeiten änderten sich erneut: Mit dem schnellen Wachstum der Städte und der damit einhergehenden Überbelegung der Friedhöfe gewann die Einäscherung Mitte des 19. Jahrhunderts wieder an Bedeutung. Zudem trugen neue hygienische Ansichten und die schwindende Macht kirchlicher Vorstellungen dazu bei, dass die Menschen offener für diese Bestattungsart wurden.

Besonderen Widerstand leisteten die Kirchen: Der Vatikan wies Katholiken 1886 an, keine Mitgliedschaften in Feuerbestattungsvereinen einzugehen. Erst viele Jahre später, in den 1960er Jahren, änderte sich diese Haltung. Bei den evangelischen Landeskirchen gab es bereits früher vereinzelte Akzeptanz für Einäscherungen. Zunächst galt diese Form der Bestattung vor allem als eine Option für gesellschaftliche Randgruppen, bevor sie sich dann umfassend durchsetzte.

Kurze Werbeeinblendung https://hempy-futter.com/

Der Kulturhistoriker Norbert Fischer erklärt, dass die sozialistische Arbeiterbewegung die Einäscherung als demokratische und kostengünstige Alternative propagierte. Besonders in der DDR war die viel diskutierte Praxis gebräuchlich, wo sie als Zeichen der Moderne gesehen wurde.

Die Einäscherung im 19. Und 20. Jahrhundert

Mit der voranschreitenden Zeit wurde die Einäscherung immer beliebter. 1877 wurde in Gotha das erste Krematorium eröffnet, und bis 1930 gab es bereits über 100. Allerdings brachte die neue Technik auch Missbrauch mit sich. Besonders während der NS-Zeit wurden Menschen verstärkt verbrannt, um ihre Spuren zu verwischen, was einen besonders grausamen Aspekt dieser Geschichte darstellt, da viele der Opfer Juden waren, deren Bestattungsritualen durch die Einäscherung eine fundamentale Möglichkeit genommen wurde.

Im Jahr 2022 gab es laut Umfragen der Gütegemeinschaft Feuerbestattungsanlagen einen bemerkenswerten Anstieg der Einäscherungen in Deutschland, wobei 78 Prozent aller Verstorbenen auf diese Weise beigesetzt wurden. Auffällig sind jedoch regionale Unterschiede: In katholischeren ländlichen Gebieten werden nach wie vor bedeutend weniger Einäscherungen vorgenommen, während vor allem in den ehemaligen Regionen der DDR die Zahlen höher sind.

Der Trend zur Einäscherung spiegelt sich auch in den gesellschaftlichen Veränderungen wider. Gründe für den Umstieg auf diese Form der Beisetzung sind oft sowohl finanzielle Überlegungen, als auch das Bedürfnis nach individueller Gestaltung im Angesicht von immer diverseren Lebensrealitäten. Simon Walter von der Stiftung Deutsche Bestattungskultur erklärt, dass Alternativen wie Seebestattungen oder Beisetzungen in Bestattungswäldern oftmals erst nach einer Einäscherung möglich sind.

Für die Zukunft prognostiziert Walter, dass der Trend der Einäscherungen weiterhin zunehmen wird, da die Menschen zunehmend nach kreativen und individuellen Lösungen für ihre Bestattung verlangen. Insbesondere in einer globalisierten Welt, in der Familien oft weit über verschiedene Kontinente verteilt sind, stellt sich die Frage der Grabpflege immer drängender. Die Entscheidung für eine Einäscherung Rechnung zu tragen, wird jedoch zunehmend zur Norm.

Die Gestaltung von Friedhöfen wird sich in Anbetracht dieser Entwicklung verändern müssen. Viele Friedhöfe, die zur Zeit der Sargbeisetzungen konzipiert wurden, bieten nun nicht die notwendige Flexibilität, um den Bedürfnissen der heutigen Gesellschaft gerecht zu werden. Der Platzbedarf wird durch die steigende Popularität der Einäscherung deutlich reduziert, was für Kommunen und Kirchen auch finanzielle Fragen aufwirft. Angesichts der sich verändernden Bestattungsgewohnheiten bleibt nun abzuwarten, wie sich die Bestattungskultur in Deutschland weiterhin entwickeln wird wie www.evangelische-zeitung.de berichtet.

Ähnliche Artikel

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"