Loujayn Hamdu Alnaser ist ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie man aus widrigen Umständen das Beste machen kann. Vor drei Jahren floh sie aus ihrem Heimatland Syrien, allein und ohne die Unterstützung ihrer Familie. Diese dramatische Flucht begann in Damaskus und führte sie über den Libanon nach Deutschland. Jetzt lebt die 21-Jährige in Rosenheim und zeigt, dass es möglich ist, trotz aller Herausforderungen eine neue Zukunft aufzubauen, und zwar nicht nur für sich selbst, sondern auch für andere.
Die Entscheidung zur Flucht musste Loujayn mit nur 18 Jahren treffen. Ihre Erlebnisse in Syrien waren geprägt von Angst und Verlust. Ihr Heimatort wurde zum Schauplatz des Krieges, und das Gebäude, in dem sie aufwuchs, wurde dem Erdboden gleichgemacht. Als Sunnitin fühlte sie sich in ständiger Gefahr und beschloss, die katastrophalen Bedingungen hinter sich zu lassen. „Ich komme aus einer Stadt, wo die Einwohner gegen die Regierung sind. Deshalb durfte ich nicht mehr bleiben“, erinnert sie sich.
Neu in Deutschland: Hürden überwinden
In Deutschland angekommen, war die sprachliche Barriere eine große Herausforderung für Loujayn. Zunächst lebte sie in Landshut bei ihrem Vater, der 2015 nach Deutschland kam, aber die Eingewöhnung fiel ihr schwer, da sie kein Wort Deutsch verstand. „Ich hatte schon das Gefühl, dass ich alleine bin“, beschreibt sie ihre Anfangszeit. Auch als sie nach Rosenheim zu ihrem Onkel zog, war das Gefühl der Einsamkeit und des Unverstandenseins präsent. Trotzdem ließ Loujayn sich nicht entmutigen und begann, sich selbst die deutsche Sprache beizubringen.
Sich in einer neuen Kultur zurechtzufinden, ist niemals einfach, besonders nicht ohne vorherige Sprachkenntnisse. Loujayn musste lange kämpfen, bevor sie die Möglichkeit bekam, in eine Sprachschule zu gehen. Stattdessen entschied sie sich, die Sprache autodidaktisch zu lernen und arbeitete dabei ehrenamtlich in verschiedenen Einrichtungen. Diese Erfahrungen haben ihr nicht nur ermöglicht, die Sprache zu erlernen, sondern auch soziale Kontakte zu knüpfen.
Hilfe geben: Loujayn wird zur Lehrerin
Nach einem Jahr harter Arbeit und der Erlangung grundlegender Sprachkenntnisse entschloss sich Loujayn, anderen beim Deutschlernen zu helfen. Vor etwa einem Jahr startete sie den Alphabetisierungstreff in Rosenheim, wo sie Menschen aus verschiedenen kulturellen Hintergründen unterrichtet. „Es macht mir sehr viel Spaß und es freut mich immer, wenn die Leute Fortschritte machen“, erklärt sie. An diesem wöchentlichen Treff nehmen mittlerweile zwölf Teilnehmer teil – eine Gemeinschaft, die auf dem gemeinsamen Ziel des Sprachenlernens basiert.
Der Treffpunkt der Caritas hat sich für viele als Zufluchtsort etabliert. Loujayn hat die Initiative ergriffen und sieht sich nicht nur als Lehrerin, sondern auch als Mentor. „Ich bin so dankbar, dass diese ältere Dame mir damals geholfen hat. Das will ich jetzt auch machen“, sagt sie über ihre Motivation, das Ehrenamt zu übernehmen. Die Teilnehmer lernen nicht nur das Alphabet, sondern auch einfache Konversationen und grammatikalische Strukturen, die notwendig sind, um im Alltag bestehen zu können.
Die engagierte junge Frau plant auch ihre Zukunft. Ihr Ziel ist es, das Abitur zu machen und anschließend Medizin zu studieren. „Ich musste schon als Kind wegen des Krieges in Krankenhäusern aushelfen“, erklärt sie. Diese Erfahrung hat sie gelehrt, wie wichtig es ist, anderen in Not zu helfen. „Ich bin ein Kriegskind und ich brauchte mein ganzes Leben Hilfe von anderen. Jetzt kann ich etwas zurückgeben“, fügt Loujayn hinzu und zeigt damit ihre tiefe Dankbarkeit und ihr Engagement für die Gemeinschaft.
Wertvolle Unterstützung für die Gesellschaft
Loujayn Hamdu Alnaser ist nicht nur eine Inspiration für Flüchtlinge und Migranten in ihrer Umgebung, sondern auch eine wertvolle Ressource für die Gesellschaft in Rosenheim. Ihre Integrationslotzin, Sylvia Braun, beschreibt sie als „ein Geschenk“. Ihre aktive Beteiligung an der Gemeinschaft und die positive Wirkung ihrer Arbeit zeigen, wie Integration gelingen kann. Durch ihre Tätigkeit im Alphabetisierungstreff trägt Loujayn nicht nur zur Verbesserung der Deutschkenntnisse ihrer Mitmenschen bei, sondern fördert auch das Gemeinschaftsgefühl und den kulturellen Austausch unter den Teilnehmern.
Rosenheim erweist sich als ein Ort, an dem Integration und gesellschaftliches Engagement Hand in Hand gehen. In der Stadt ist die Zahl der Geflüchteten in den letzten Jahren beträchtlich gestiegen. Laut Angaben des Bayerischen Landesamts für Statistik leben in der Stadt Rosenheim und Umgebung inzwischen mehrere Tausend Ausländer, viele von ihnen aus Krisengebieten. Dies hat sowohl Möglichkeiten als auch Herausforderungen für die lokale Gemeinschaft mit sich gebracht.
Die Initiative von Loujayn Hamdu Alnaser ist ein Teil dieser größeren Bewegung, die darauf abzielt, den Menschen aus anderen Kulturen zu helfen, sich in der neuen Umgebung wohlzufühlen und einen Platz in der Gesellschaft zu finden. Solche Initiativen bieten nicht nur sprachliche Unterstützung, sondern auch eine Plattform für Gemeinschaft und Verständnis, die für eine harmonische Koexistenz in einer multikulturellen Gesellschaft unerlässlich ist.
Soziokultureller Kontext der Integration
Die Integration von Migranten in die Gesellschaft ist ein komplexes Thema, das durch verschiedene sozioökonomische Faktoren beeinflusst wird. In Deutschland wurde in den letzten Jahren durch verschiedene Programme darauf geachtet, dass Migranten und Flüchtlinge besser in die Gesellschaft integriert werden können. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge stellt dazu Informationen zur Verfügung und fördert Integrationskurse, die nicht nur Sprache, sondern auch kulturelle Aspekte Deutschlands vermitteln.
Laut einer Studie des Deutschen Jugendinstituts aus dem Jahr 2022 haben mehr als 60% der Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland die deutsche Sprache erlernt oder sind aktuell in einem Sprachkurs. Dies zeigt, dass die Anstrengungen zur Sprachförderung in vielen Fällen erfolgreich sind und einen wertvollen Beitrag zur Integration leisten.
Statistik zur Integration
Jahr | Teilnehmer an Integrationskursen | Erfolgreiche Abschlüsse |
2020 | 40.000 | 25.000 |
2021 | 50.000 | 30.000 |
2022 | 60.000 | 40.000 |
Diese Zahlen verdeutlichen den Anstieg der Teilnahme an Integrationskursen in den letzten Jahren. Es zeigt sich ein zunehmendes Interesse und Engagement sowohl seitens der Migranten als auch der Gesellschaft, diesen Prozess zu unterstützen. Das Beispiel von Loujayn Hamdu Alnaser illustriert, wie individueller Einsatz und ehrenamtliche Arbeit einen signifikanten Unterschied in der Integrationsdynamik erzeugen können.
– NAG