Mindestens 1674 ukrainische Ärzte haben seit dem Beginn des Russland-Ukraine-Kriegs Zuflucht in Deutschland gesucht. Während viele mit ihren Familien in Sicherheit leben wollen, hat ein mutiger Arzt aus Friedrichshafen, Vitali Kravchenko (Name geändert), den gegenteiligen Weg gewählt. Eingeschrieben am Medizin-Campus Bodensee, entschied er sich, zurückzukehren und als Freiwilliger an der Front in Bachmut zu helfen, um verwundete Soldaten zu stabilisieren.
Sein Dienst an der Front war unvorstellbar gefährlich. „Unsere Angst um sein Leben war riesig“, berichtet Volker Wenzel, der Chefarzt des MCB. Kravchenko traute sich, das vermeintlich sichere Deutschland zu verlassen, als er sah, wie sein Heimatland unter den Angriffen der Russen litt. Er organisiert zuvor Hilfstransporte und verspürte starken Patriotismus, der ihn dazu bewegte, alles zurückzulassen und an die Front zu gehen.
Frontalltag und Alarmbereitschaft
Inmitten der chaotischen Frontdienste transportierte Kravchenko schwerverletzte Soldaten in hintere Krankenhäuser, stets um die Möglichkeit der Entdeckung fürchtend. Der junge Arzt, der zuvor in Deutschland gelernt hatte, fand sich schnell in einer Welt wieder, in der die Verletzungen grausam waren und die Zeit für lebensrettende Maßnahmen oft nicht ausreichte. „Wie kann der Mensch weiteratmen?“ – eine Frage, die ihm in dieser intensiven Zeit oft durch den Kopf ging.
Nach seinem fast fünfmonatigen Dienst kehrte er in die Sicherheit von Friedrichshafen zurück, um dem emotionalen Stress und Alpträumen zu entkommen. „Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, würde ich nichts anders machen“, reflektiert er. Trotz seiner heldenhaften Rückkehr plagen ihn die Erinnerungen an das, was er während seines Dienstes gesehen hat.
Bürokratische Hürden für Ärzte
Neben Kravchenkos persönlicher Geschichte stehen viele ukrainische Ärzte vor einer riesigen Herausforderung: der Anerkennung ihrer Abschlüsse. Bis August 2024 beantragten 1674 Ukraine-Ärzte die Approbation; jedoch blieben nur 187 genehmigt. „Die Mühlen der Bürokratie mahlen langsam“, sagt Wenzel, während der Bedarf an qualifizierten Medizinern in Deutschland nach wie vor hoch ist.
Die Wartezeiten für die Anerkennung können bis zu drei Jahre betragen und erfordern umfangreiche Tests und Übersetzungen. Trotz der Motivation und des Fleißes der ausländischen Ärzte bleibt die deutsche Bürokratie eine nicht zu unterschätzende Hürde, die es zu überwinden gilt.
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