Das "Zukunftszentrum Deutsche Einheit und Europäische Transformation", das seit dem Beschluss des Bundestages im März 2022 ins Leben gerufen wird, erregt die Gemüter in Halle. Während die ersten Gelder seit Mitte September aus dem Bundeshaushalt freigegeben wurden und die Trägergesellschaft ihre Arbeit aufgenommen hat, gibt es auch Schwierigkeiten, die die Euphorie dämpfen könnten.
Michael Merten, der vorläufige Geschäftsführer des Zentrums, sieht Fortschritte. Er bezeichnet den Moment des Beginns als „echtes Start-Up“ und kündigt an, dass 3,1 Millionen Euro für den Start bereitstehen. Im kommenden Jahr sollen noch einmal 6,2 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden. Merten erklärt, dass bereits ein Aufbaustab gegründet wurde und die ersten Mitarbeiter eingestellt sind, mit dem Ziel, „zum Ende des Jahres arbeitsfähig zu sein“.
Herausforderungen durch Fördermittel-Stopp
Die Freude wird durch die Nachricht gedämpft, dass die geplanten 29 Millionen Euro an Fördermittel aus dem Land Sachsen-Anhalt für den Umbau des Riebeckplatzes derzeit auf Eis gelegt wurden. Das sorgt vor allem bei Oberbürgermeister Egbert Geier für Unmut, der auf den bedeutenden lokalen Fördereffekt hofft. "Das ärgert uns sehr", äußert er seine Enttäuschung über die Entwicklung.
Ein weiteres Argument, das von der Stadt Halle und von lokalen Akteuren geäußert wird, bezieht sich auf die enormen laufenden Kosten, die nach der Eröffnung des Zentrums im Jahr 2030 auf jährlich 42,5 Millionen Euro ansteigen sollen. Diese Summe wirft Fragen zu den langfristigen finanziellen Perspektiven und zur Stabilität des Projekts auf, was das Vertrauen in die Umsetzung des Zukunftszentrums beeinträchtigen könnte.
Positiv bleibt der Blick auf die Architektur des Zentrums: Eine Jury prüft derzeit 25 Architekturentwürfe, die aus 125 Bewerbungen ausgewählt wurden, mit einer Entscheidung, die für das kommende Frühjahr angekündigt ist. Merten ist überzeugt, dass ein spektakuläres Gebäude als Anziehungspunkt für Besucher dienen wird.
Öffentliche Wahrnehmung und Kritik
Trotz der gemischten Gefühle ist öffentliche Kritik am Projekt noch rar gesät. Eva von Angern, die Fraktionsvorsitzende der Linken im Magdeburger Landtag, hat sich jedoch zu Wort gemeldet. Sie betont, dass die alltäglichen Lebensverhältnisse in Ostdeutschland noch weit von einer Gleichheit entfernt sind und fordert eine tiefere Diskussion darüber, statt über die Vergangenheit zu reflektieren. "Wir brauchen keine weitere Ausstellung über die bleierne Ära von Kanzler Kohl", erklärte sie der MDR KULTUR.
Während die Regierung plant, den Fokus auf den kulturellen Austausch mit osteuropäischen Nachbarn zu setzen, fragt man sich, ob die Transformationsforschung hier tatsächlich neu ist oder ob bereits genügend Wissen an anderen Universitäten vorhanden ist. Auch Carsten Schneider, der Ostbeauftragte der Bundesregierung, sieht den europäischen Kontext als Schwerpunkt und unterstreicht, dass es beim Zentrum nicht nur um deutsche Angelegenheiten gehen würde. "Es geht nicht um Händchenhalten", so Schneider, der auch ein Stück Provokation im Bürgerdialog wünscht.
Ein Blick auf die Bevölkerung in Halle zeigt, dass viele noch nicht viel von dem Zukunftszentrum gehört haben. Eine Gruppe Leute am Riebeckplatz lachte und sagte, „Was für eine Einheit?“, als sie nach ihrer Meinung gefragt wurden. Für sie ist die Aufarbeitung der Treuhand und die Gleichstellung in sozialen Belangen der Schlüssel, um von echter Einheit sprechen zu können. Die Stimmung ist gemischt und könnte einen großen Einfluss auf die zukünftige Wahrnehmung des Zentrums haben.
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