Die dunkle Vergangenheit der NS-Zeit birgt viele tragische Schicksale, von denen das Schicksal mehrmals vorbestrafter Personen im besetzten Luxemburg betroffen war. Der Fokus auf diese ignorierten Geschichten wird ermöglichet durch die Ausstellung „Vergessene Opfer des NS-Regimes in Luxemburg“, die im Escher Resistenzmuseum gezeigt wird. Diese Initiative betrachtet die oftmals übersehenen Lebensgeschichten von Menschen, die unter dem NS-Regime als „Berufsverbrecher“ verfolgt wurden.
Historisch geht die Abwertung von Wiederholungstätern bis ins 19. Jahrhundert zurück, als Kriminologen und Juristen oft ärmeren Bevölkerungsschichten eine Bedrohung zuschrieben. Diese Klischees führten zur Schaffung des Begriffs „Berufsverbrecher“, wobei man Menschen, die mehrfach straftätig wurden, als hoffnungslos kriminell abtat. Solche Personen wurden permanent als nicht resozialisierbar eingestuft und oft für immer weggesperrt.
Das Justizsystem während der deutschen Besatzung
Die Besatzung Luxemburgs brachte eine gründliche Umgestaltung des Justizsystems. Die deutschen Besatzer führten ihre Gesetze ein, ohne dass es immer eine spezielle Verordnung erforderte. Am 2. April 1942 trat beispielsweise die „vorbeugende Verbrechensbekämpfung“ offiziell in Kraft, die es der Polizei ermöglichte, Personen ohne Gerichtsurteil als „präventiv“ ins Gefängnis zu stecken.
Gerichte erließen strikte Urteile gegen als gefährlich eingestufte Mehrfachkriminelle. Ein besorgniserregendes Beispiel sind die Brüder Josef und Heinrich d’Incau aus Düdelingen, die wegen „kriegsbedingter Verdunkelung“ mehrere Jahre Zuchthausstrafe erhielten. In ähnlicher Weise wurden Personen aufgrund eines belastenden Vorstrafenregisters vom Sondergericht zum Tode verurteilt.
Berufsverbrecher im KZ-System
Die Verfolgung endete gelegentlich in Konzentrationslagern, wo bis zu 20 Luxemburger als „Berufsverbrecher“ inhaftiert wurden. Diese Menschen stammten häufig aus sozialen Schichten, die nicht viel Bildung genossen hatten. Ihre Vorstrafen reichten von Einbruch und Hehlerei bis zu schwereren Verbrechen. Einer der bekanntesten Fälle ist der von Matthias Bermes. Er wurde wegen Hochverrats verhaftet und trotz seiner politischen Motive als „Berufsverbrecher“ ins Konzentrationslager Buchenwald deportiert.
Jeder dieser Häftlinge war im Lager oft katastrophalen Bedingungen ausgesetzt und erlebte Grausamkeiten, die viele von ihnen nicht überlebten. Die Halbe der mehr als 20 als „Berufsverbrecher“ registrierten Luxemburger starb in den Lagern.
In der heutigen Erinnerungskultur wird oft ein negatives Bild des „Berufsverbrechers“ gezeichnet. Die eine Sichtweise zeigt den sadistischen Kapo, der als Funktionshäftling andere drangsalierte, während viele einfach unter den horrenden Bedingungen litten. Der Nachkrieg prägte vor allem die Erzählung der ehemaligen politischen Häftlinge, die den „Berufsverbrecher“ als brutal und unmenschlich darstellten, was die gesellschaftliche Aufarbeitung weiter erschwerte.
Trotz der Jahre des Schweigens wurden im Jahr 2020 die im NS-Regime verfolgten „Berufsverbrecher“ in Deutschland als offizielle Opfer anerkannt. In Luxemburg jedoch findet eine ähnliche Anerkennung nicht statt. Dies macht deutlich, wie komplex und herausfordernd das Thema ist, denn bei vielen dieser Opfer handelt es sich nicht um typische Helden oder Märtyrer, sondern um Menschen, die sich in einem ungerechten System verloren.
Die Ausstellung wird begleitet von einem pädagogischen Katalog und ist noch bis zum 22. Dezember 2024 im „Musée national de la Résistance et des Droits humains“ in Esch zu sehen. Ein Rundtischgespräch über dieses komplexe Thema findet am 8. Oktober 2023 um 19.30 Uhr im Museum statt, wo Historiker*innen über die unbequemen Aspekte der Geschichte diskutieren werden.
Für weiterführende Informationen zu diesen Themen, siehe die aktuelle Berichterstattung auf www.tageblatt.lu.