Jena

„Von Jena in den Krieg: Tom Schulz’ poetische Auseinandersetzung“

Der Artikel beleuchtet, wie Tom Schulz im Jahr 2016 während seines Stipendiums an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena inspiriert von Ferdinand Hodlers Wandbild über den Freiheitskrieg von 1813 eine poetische Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte und den Schrecken des Krieges entwickelt, wodurch er die Komplexität und die Absurdität von Kriegserfahrungen und deren Auswirkungen auf die nachfolgenden Generationen thematisiert.

Das beeindruckende Wandbild von Ferdinand Hodler in der Aula der Friedrich-Schiller-Universität in Jena hat Tom Schulz zu seinem Gedicht inspiriert. Mit einer beeindruckenden Größe von 5,5 Metern in der Länge und 3,5 Metern in der Breite zeigt das Bild den „Auszug deutscher Studenten in den Freiheitskrieg von 1813“. Dieses Auftragswerk aus den Jahren 1908 bis 1909 prägte die Umgebung, in der Schulz während seines Stipendiums 2016 lebte und arbeitete. Das Gemälde ist in zwei horizontale Friese unterteilt und nimmt die Betrachter mit auf eine Reise: Unten verwandeln sich Studenten in Soldaten, und im oberen Teil marschieren junge Infanteristen mit Bajonetten in der Hand.

Schulz greift in seinem Werk einige Elemente des Bildes auf, wie den gefälligen Haflinger und den Studenten mit seinem Tornister, lenkt aber gleichzeitig den Fokus auf die tiefere Bedeutung, die dieses Wandbild in einem historischen Kontext annimmt. Es ist nicht nur ein einfaches Bild, sondern auch eine Vorahnung auf die Schrecken des Ersten Weltkriegs, die in Schulz‘ Gedicht wiederaufleben. Er reflektiert die Geschichte seiner Vorfahren und die schmerzlichen Kriege, die danach folgten. Sein Großvater war Bauer und Kommunist, und seine Kindheitserinnerungen sind geprägt von diesen Erzählungen. Die schmerzhafte Geschichte, die die Darstellung der Vorgänge des Krieges durchzieht, verleiht dem Gedicht eine eindringliche Tiefe.

Die Absurdität des Krieges

Schulz nutzt eine unkonventionelle Herangehensweise, um ergreifende Bilder zu schaffen, die zugleich die Absurdität des Krieges offenbaren. In einem kühnen Ansatz vergleicht er die Kriegshandlungen mit lächerlichen Kinderspielen. „Mit Blei auf Hasenscharten zu schießen“ klingt wie der Ausdruck eines surrealistischen Traums, der die grausame Realität ins Lächerliche zieht. Diese Art von Humor steht in krassem Gegensatz zu dem schmerzlichen Bild des von Blut glänzenden Grases, das die Spuren des Krieges symbolisiert. Hier wird die Verbindung zu Rimbauds „Der Schläfer im Tal“ deutlich, in dem die schwere Last des Krieges in poetischer Form vergegenwärtigt wird.

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Ein zentrales Thema des Gedichts ist die Sprache selbst und deren Ohnmacht im Angesicht des Krieges. Schulz deutet an, dass die Sprache erdrückt wird; sie wird unwirksam gemacht durch die Gewalttaten der Vergangenheit. Der Vergleich zwischen der Sprache und einem „gedroschenen Feld“ am Ende des Gedichts illustriert dies eindrücklich. Es wird angedeutet, dass die Generationen vor ihm es vermieden haben, über die traumatischen Erlebnisse zu sprechen, als wäre alles vergessen und die Felder leer gefegt. Diese Metapher spricht auch für eine gesamtgesellschaftliche Sprachlosigkeit, die viele Künstler und Schriftsteller, wie Inge Müller, thematisiert haben.

Eine tiefere gesellschaftliche Reflexion durchzieht das gesamte Gedicht, da Schulz die sogenannten „großen Kartoffeln“ als Symbole für die Profiteure des Krieges nennt, während die einfachen Leute für das Chaos und die Ungerechtigkeiten bezahlen müssen. Diese Symbole, zusammen mit den „Söhnen des Krauts“, verweben einen direkten Bezug zu den Erfahrungen und Herausforderungen der Menschen in Kriegszeiten.

In Schulz‘ Werk treffen Geschichte, persönliche Reflexion und poetische Kunst aufeinander. „Der Jenenser Student“ ist Teil seines neuesten Gedichtbands „Die Erde hebt uns auf“ und ist nicht nur eine Hommage an vergangene Kriege, sondern auch ein Kommentar zu dem, was во im Krieg verloren gehen kann – die Menschlichkeit und die Hoffnung auf Frieden. Der Dichter spielt virtuos mit der Zeit, indem er Vergangenes und Gegenwärtiges miteinander verwebt, wodurch eine komplexe Darstellung des Krieges und seiner Auswirkungen entsteht. Die Bilder, die er wählt, sind unvergesslich und bewegen sich zwischen Schmerz und Humor, zwischen Trauer und der Absurdität des menschlichen Daseins im Angesicht des Krieges.

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Schulz‘ Gedicht vollbringt es, Worte zu finden, die die Ohnmacht in der Kommunikation über Krieg und Verbrechen durchdringen. Das Gedicht bleibt in der Erinnerung und provoziert Gedanken über die Wirklichkeit des Krieges und darüber, wie wir als Gesellschaft mit unserer Vergangenheit umgehen.

– NAG

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