Nazza (Thüringen) – In einer außergewöhnlichen Wendung in der medizinischen Behandlung nutzt eine Familie aus Thüringen eine Methode, die traditionell in der Tiermedizin eingesetzt wird, um ihrer krebskranken Tochter Aria zu helfen. Die acht Monate alte Aria leidet an einem seltenen Gesundheitszustand, dem „Leigh-Syndrom“, das das zentrale Nervensystem betrifft und sich negativ auf geistige und motorische Fähigkeiten auswirkt.
Diese innovative Therapie beinhaltet eine Laserduschbehandlung, die normalerweise für Tiere wie Hunde, Katzen und Pferde gedacht ist. Melanie Ernst (30), Arias Mutter, führt das mobile Gerät mit 21 Laserdioden vorsichtig über den Oberbauch ihres Kindes. Diese Maßnahme soll nicht nur die Symptome von Aria lindern, sondern möglicherweise sogar ihre Lebensqualität verbessern.
Die Herausforderungen des Leigh-Syndroms
Die Diagnose „Leigh-Syndrom“ kam für die Eltern wie ein Schock. „Arias Schwierigkeiten begannen direkt nach der Geburt. Sie konnte nicht zunehmen und zeigte von Anfang an Schwächen bei der Muskelspannung“, erklärt Peter Reinhardt (33), Arias Vater. All dies führte zu einer intensiven medizinischen Überwachung, da Aria häufig epileptische Anfälle hat und nicht in der Lage ist, grundlegende motorische Fähigkeiten zu entwickeln, wie das Halten ihres Kopfes oder das Sitzen.
Aufgrund der Komplexität des „Leigh-Syndroms“ gibt es derzeit keine verfügbaren Medikamente, die wirken könnten. So wandten sich die Eltern an eine erfahrene Tierphysiotherapeutin, die die Idee der Lasertherapie ins Spiel brachte. Die Kosten für das Gerät belaufen sich auf über 7000 Euro – eine erhebliche Summe, die die Familie nicht einfach aufbringen kann.
Glücklicherweise fanden sie Unterstützung in ihrem Freundeskreis. „Schnell kamen die Mittel zusammen. Es war überwältigend zu sehen, wie viele Menschen unserer Aria helfen wollten“, erzählt Melanie erleichtert.
Die Hoffnung auf Verbesserung
Die Lasertherapie wird jetzt zweimal pro Woche für kurze Zeit angewendet. Während dieser Sitzungen wird das Gerät eingesetzt, um die Nerven im Solarplexus und den Hüften zu stimulieren. „Die Idee dahinter ist, dass das Laserlicht den Zellen zusätzliche Energie gibt. Eine wichtige Verbindung, die ATP, wird produziert – und genau diese Fähigkeit ist durch das Syndrom eingeschränkt“, sagt Peter Valerius (64), ein Sport-Physiotherapeut aus Hamburg, der über 30 Jahre Erfahrung in der Lasertherapie hat.
Die ersten Erfolge der Therapie sind bereits sichtbar. „Aria ist wacher und aktiver, sie beginnt nun auch zu spielen und brabbelt viel mehr“, berichten die Eltern hoffnungsvoll. Diese Veränderungen, so klein sie auch sein mögen, geben der Familie einen Lichtblick in ihrer schweren Zeit.
Die Laserdusche selbst wird in einem Koffer aufbewahrt und sorgt mit ihrer Technik dafür, dass die Zellen in Arias Körper angeregt werden, was zumindest ein wenig Erleichterung bringen könnte. „Wir sind dankbar für jede kleine Verbesserung“, fügt Melanie hinzu.
Ein Blick auf das Leigh-Syndrom
Das „Leigh-Syndrom“ ist eine seltene Stoffwechselerkrankung, die in etwa 1 zu 36.000 Fällen auftritt und durch genetische Mutationen verursacht wird. Es beeinträchtigt das zentrale Nervensystem und führt sowohl zu geistigen als auch zu motorischen Einschränkungen. Leider gibt es bislang keine Heilmittel oder spezifischen Behandlungen, weshalb Familien wie die von Aria oft kreative Lösungen suchen müssen, um die Lebensqualität ihrer Kinder zu verbessern.
Die Eltern von Aria zeigen, dass sie bereit sind, alles Mögliche zu versuchen, um ihrer Tochter zu helfen. Die Hoffnung auf Fortschritte besteht, auch wenn die Herausforderungen groß sind. Jedes Fortschrittchen, jede neue Fähigkeit, die Aria erlangt, bedeutet für die Familie eine Welt der Veränderung.
Was ist das Leigh-Syndrom?
Das Leigh-Syndrom, benannt nach dem britischen Neuropathologen Archibald Denis Leigh, wird durch genetische Mutationen verursacht, die die mitochondriale Funktion beeinträchtigen. Diese Störung kann zu einer Vielzahl von Symptomen führen, die in der Regel in der frühen Kindheit auftreten. Zu den häufigsten Symptomen gehören Entwicklungsverzögerungen, psychomotorische Schwierigkeiten, Muskelhypotonie (verringerte Muskelspannung) und häufige epileptische Anfälle. Bei den meisten betroffenen Kindern ist die Prognose ungünstig, und viele erreichen nicht das Erwachsenenalter.
Ungefähr 1 von 36.000 Neugeborenen ist von dieser seltenen Erkrankung betroffen, wobei die Inzidenz je nach ethnischer Herkunft und geografischer Region variieren kann. Laut der Orphanet-Datenbank, die sich auf seltene Krankheiten spezialisiert hat, sind die meisten Fälle mit Mutationen in den Genen MTTL1, LHON und anderen verbunden, die eine entscheidende Rolle in der mitochondrialen Energieproduktion spielen.
Behandlungsmöglichkeiten und Forschung
Da es derzeit keine standardisierte Therapie für das Leigh-Syndrom gibt, konzentriert sich die Behandlung meist auf symptomatische Linderung. Dies kann die Verwendung von Antikonvulsiva zur Kontrolle von Anfällen sowie physiotherapeutische Maßnahmen zur Unterstützung der motorischen Entwicklung umfassen. In den letzten Jahren haben jedoch Fortschritte in der genetischen Forschung zu vielversprechenden Ansätzen geführt. Einige Studien, wie sie von der National Institutes of Health (NIH) durchgeführt werden, untersuchen experimentelle Therapien, die potenziell in der Lage sind, die mitochondrialen Defekte zu korrigieren.
Eine neue Forschungsrichtung beleuchtet auch die Möglichkeiten von Gentherapien, die gezielt auf die betroffenen Gene abzielen. Aktuelle Studien, die an Institutionen wie der Johns Hopkins University durchgeführt werden, zeigen vielversprechende Ergebnisse in Labormodellen, doch diese Therapien befinden sich noch in der klinischen Erprobung und müssen umfassender getestet werden, bevor sie allgemein verfügbar sind.
Die Rolle der Gemeinschaft und Unterstützungssysteme
Für Familien wie die von Aria kann die emotionale und finanzielle Unterstützung durch die Gemeinschaft entscheidend sein. In Deutschland gibt es zahlreiche Organisationen und Selbsthilfegruppen, die Eltern von Kindern mit seltenen Erkrankungen Unterstützung bieten. Diese Gruppen ermöglichen den Austausch von Informationen, bieten finanzielle Hilfe bei Therapiekosten und organisieren soziale Veranstaltungen, die den betroffenen Familien helfen, sich weniger isoliert zu fühlen.
Beispielsweise engagiert sich die Deutsche Gesellschaft für Mitochondriale Erkrankungen aktiv in der Forschung und Aufklärung über mitochondriale Erkrankungen, um betroffenen Familien den Zugang zu notwendiger Informatisierung und Therapien zu erleichtern.
Die finanzielle Unterstützung, die die Familie von Aria durch Freunde erhalten hat, spiegelt die Solidarität wider, die in der Gesellschaft entstehen kann, wenn es darum geht, Menschen in Not zu helfen.
– NAG