In Thüringen steht eine grundlegende Veränderung im Bereich der frühkindlichen Betreuung bevor. Der Erfurter Stadtrat plant eine Übergangslösung, um die Auswirkungen des neuen Kita-Gesetzes abzumildern, das einen veränderten Betreuungsschlüssel vorsieht. Dies geschieht inmitten eines Geburtenrückgangs, der weitreichende Folgen für die Personalstruktur in den Kindertagesstätten hat. Der Kindergarten-Leiter Sven Franke betont, dass die späte Einbringung des Gesetzes dazu führen könnte, dass er nicht genügend Personal halten kann. “Wir müssten dann beim vorhandenen Personal mit den Stunden runtergehen oder aber auch jemanden entlassen”, so Franke.
Besonders bei großen Trägern, wie der AWO, die über 160 Kindertagesstätten in Thüringen betreibt, ist man flexibler. Franke äußerte seine Erleichterung, dass die Stadt Erfurt vorhat, die Übergangslösung zu beschließen, die es ermöglichen würde, die neuen Regelungen finanziell vorzubestellen. Dies ist besonders wichtig, da die Einrichtungen bis 2025 Zeit haben, den neuen Personalschlüssel vollständig umzusetzen.
Regionale Unterschiede im Personalbedarf
Die Stellungnahme von Franke findet in der Branche Gehör. Anne Osterland, Sprecherin der AWO Thüringen, erläutert die regionalen Unterschiede beim Personalbedarf. “In den meisten Regionen ist ‚zu viel‘ Personal kein akutes Thema, weil viele Erzieher auch nach und nach in den Ruhestand gehen“, sagt sie. In manchen Gebieten hingegen wird es eine Herausforderung sein, die Einrichtungen zum Stichtag am 1. Januar ausreichend zu besetzen.
Die Realität sieht jedoch so aus, dass viele Einrichtungen aufgrund der demografischen Entwicklung entlassene Erzieherinnen beklagen müssen. Im AWO-Kindergarten „Käferland“ in Arnstadt mussten bereits zwei Mitarbeiterinnen gehen. Dies führt zu einer spürbaren Unsicherheit, da die Prognosen zu den Geburtenzahlen eine instabile Zukunft für den neuen Betreuungsschlüssel signalisieren. “Für manche Landkreise haben wir aber Prognosen zu den Geburtenzahlen, die befürchten lassen, dass der neue Personalschlüssel nur vorübergehend abfedernd wirkt”, so Osterland.
Schwierigkeiten im Vergleich zu anderen Regionen
Ein bemerkenswerter Aspekt in dieser Diskussion ist der Vergleich des Betreuungsschlüssels in Thüringen mit den westeuropäischen Bundesländern. Franke macht darauf aufmerksam, dass Thüringen hinterherhinkt. Laut den aktuellen Daten des Statistischen Bundesamtes gibt es in Thüringen bei den Gruppen für Kinder unter drei Jahren fünf Kinder pro Erzieher. Dies liegt über dem Bundesdurchschnitt von vier Kindern. Bei den über Dreijährigen ist die Situation ähnlich: Es waren zehn Kinder pro Erzieher, während der deutschlandweite Schnitt bei 7,8 Kindern pro Pädagogin liegt. Diese Zahlen verdeutlichen den Handlungsbedarf.
AWO-Sprecherin Osterland betont jedoch, dass der neue Betreuungsschlüssel in jedem Fall eine Bereicherung für alle Beteiligten darstellt: „Eine echte Win-Win-Situation für Kinder, Eltern, Erzieherinnen und Träger“. Doch die Herausforderungen, die mit dieser Neuregelung einhergehen, erfordern klare Strategien, um die Qualität in der frühkindlichen Betreuung zu sichern.
Die Diskussion über die Veränderungen im Kita-Gesetz wirft auch größere Fragen über die zukünftige Gestaltung der frühkindlichen Bildung auf. Die Institutionen und die zuständigen Behörden stehen nun vor der Aufgabe, die Attraktivität des Berufs zu erhöhen und gleichzeitig die Qualität der Betreuung sicherzustellen. mehr Details zu dieser Thematik finden sich in einem Bericht von www.mdr.de.