Die Stadt Erfurt steht vor einer Herausforderung: Rund 800 Stellen in der Stadtverwaltung sind derzeit unbesetzt. Um dieser Situation entgegenzuwirken, hat die Stadt am Montag eine umfassende Werbekampagne gestartet, die auf verschiedenen Plattformen präsent sein wird. Die Werbeinitiative läuft unter dem Motto, neue Mitarbeiter für den öffentlichen Dienst zu gewinnen und wurde von einer externen Agentur konzipiert.
Bereits seit Januar 2023 kam die Idee auf, ein solches Projekt auf die Beine zu stellen. Die Gesamtkosten für die Konzeptionsphase belaufen sich auf etwa 70.000 Euro, während für die gesamte Marketingkampagne im Doppelhaushalt 2024/25 ein Budget von einer Viertelmillion Euro eingeplant wurde. Mit dieser umfassenden Maßnahme möchte Erfurt nicht nur die Stellen in der Stadtverwaltung besetzen, sondern auch das Image des öffentlichen Dienstes fördern.
Werbung mit Mitarbeiter-Geschichten
Zentraler Bestandteil dieser Werbekampagne sind eine Reihe von Videoclips, die in verschiedenen Bereichen der Stadt produziert wurden. So kamen beispielsweise Mitarbeiter aus dem Zoo, dem Tierheim, dem Bauamt, den Hausmeistern und dem Ordnungsamt zu Wort. Die Idee hinter diesen Videos ist einfach: Echte Geschichten von Menschen, die ihren Arbeitsplatz in der Stadtverwaltung haben, sollen potenzielle neue Mitarbeiter ansprechen. Die Botschaft ist klar: Die Stadtverwaltung von Erfurt hat viel zu bieten, und wer sich für den öffentlichen Dienst interessiert, ist beim Team herzlich willkommen.
Darüber hinaus wurden auch Werbebanner und Flyer erstellt, um die Sichtbarkeit der Kampagne zu erhöhen. Die Stadtverwaltung betont, dass die eigenen Mitarbeiter die besten Botschafter für die Arbeit im öffentlichen Dienst sind. Man hofft, dass die persönliche Note der Geschichten von vor Ort die Menschen erreicht und Interessierte zur Bewerbung animiert.
Mit über 3.500 Angestellten ist die Stadtverwaltung der größte Arbeitgeber in Erfurt. Die große Anzahl an offenen Stellen ist nicht nur eine Herausforderung für die Verwaltung selbst, sondern hat auch Auswirkungen auf die Dienstleistungsqualität für die Bürger. Ein unbesetzter Arbeitsplatz bedeutet oft, dass Aufgaben nicht in der gewohnten Zeit erledigt werden können. Der Investition in die Werbekampagne begegnet die Stadt mit Hoffnung, dass sich dies bald ändern kann.
Die Initiative zeigt einen kritischen Trend: Der öffentliche Dienst hat zunehmend Schwierigkeiten, qualifizierte und motivierte Mitarbeitende zu finden. Dies ist nicht nur ein Problem in Erfurt, sondern betrifft viele Städte in Deutschland, die ebenfalls mit Blick auf den demografischen Wandel und die steigenden Ansprüche an die Lebensqualität in den Städten neue Strategien entwickeln müssen, um Mitarbeiter zu gewinnen und zu halten.
Strategie der Mitarbeitergewinnung
Ein weiterer Aspekt der Kampagne ist die verstärkte Ansprache jüngerer Zielgruppen. Besonders junge Menschen, die auf der Suche nach einem stabilen Arbeitsplatz sind, sollen durch die modernen Ansätze der Werbung angesprochen werden. Social Media spielt hierbei eine entscheidende Rolle, da es der Stadtverwaltung ermöglicht, zielgerichtet und zeitgemäß mit potenziellen Bewerbern in Kontakt zu treten.
Die Stadt Erfurt nimmt mit dieser Werbemaßnahme eine aktive Rolle ein, um die Attraktivität des öffentlichen Dienstes im Allgemeinen zu steigern und auf die vielfältigen Möglichkeiten in der Stadtverwaltung aufmerksam zu machen. Vor allem in Zeiten, in denen viele Branchen um die besten Köpfe konkurrieren, ist es von großer Bedeutung, innovative Wege zur Rekrutierung zu finden, um den Standort Erfurt langfristig zu stärken.
Die Stadt Erfurt steht nicht allein im Wettlauf um qualifiziertes Personal. Viele Kommunen in Deutschland kämpfen mit ähnlichen Herausforderungen, vor allem nach den massiven Umbrüchen während der COVID-19-Pandemie. Die Pandemie führte nicht nur zu einem Anstieg von Abgängen im öffentlichen Dienst, sondern auch zu veränderten Erwartungen der Arbeitnehmer an ihre Arbeitgeber. Ein erhebliches Problem ist auch der demografische Wandel, der in den kommenden Jahren viele Arbeitskräfte in den Ruhestand schicken wird, während gleichzeitig weniger junge Menschen nachrücken.
Herausforderungen des öffentlichen Dienstes
Die Stadtverwaltung Erfurt muss in diesem Kontext innovative Ansätze finden, um die Attraktivität des öffentlichen Dienstes zu steigern. Die Kampagne ist nur ein Teil einer umfassenderen Strategie zur Personalgewinnung und -bindung. Wichtig ist, nicht nur neue Mitarbeiter zu gewinnen, sondern auch bestehende Mitarbeiter langfristig zu halten. Dazu müssen die Arbeitsbedingungen sowie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessert werden, was häufig als entscheidender Faktor für die Jobwahl genannt wird.
Die Stadt hat erkannt, dass der öffentliche Dienst oft als weniger attraktiv wahrgenommen wird im Vergleich zur Privatwirtschaft. Um diesem Bild entgegenzuwirken, muss die Stadt Erfurt sicherstellen, dass sie wettbewerbsfähige Gehälter und attraktive Zusatzleistungen anbieten kann. Gemäß dem Deutschen Städtetag liegen die durchschnittlichen Bruttogehälter für kommunale Beschäftigte unter denen vieler privater Arbeitgeber. Daher gewinnt die Rekrutierung über emotionale und authentische Ansprache, wie sie in der Videokampagne zu sehen ist, an Bedeutung.
Entwicklung der Personalstruktur
In den letzten Jahren gab es einen trendmäßigen Rückgang in der Anzahl der Bewerbungen auf Stellen im öffentlichen Dienst. Statistiken des Statistikamtes zeigen, dass weniger junge Menschen eine Karriere im öffentlichen Dienst anstreben. Dies könnte auf die als wenig dynamisch empfundene Arbeitsumgebung zurückzuführen sein. Die Kampagnenstrategie der Stadt Erfurt könnte dazu dienen, diesen Trend umzukehren, indem sie eine positive Wahrnehmung der Stadtverwaltung fördert und zeigt, wie erfüllend und sinnstiftend eine Karriere im öffentlichen Dienst sein kann.
Zusätzlich beobachtet die Stadt einen Anstieg von internen Stellenwechseln, wo Mitarbeiter innerhalb der Verwaltung ihre Positionen wechseln. Dies verdeutlicht den Bedarf an klaren Karrierepfaden sowie Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten, um Mitarbeitende langfristig an die Stadt zu binden. Ein Schwerpunkt auf solche Entwicklungsprogramme könnte Teil der langfristigen Strategie sein, die Erfurt verfolgt.
Insgesamt zeigt die Werbekampagne der Stadt Erfurt, dass proaktive Maßnahmen und strategische Planung notwendig sind, um die Herausforderungen im Personalbereich erfolgreich zu bewältigen. Die Kosteneffizienz und die Wirkung solcher Kampagnen müssen weiterhin evaluiert werden, um Anpassungen vornehmen zu können und um die angestrebten Rekrutierungsziele konsequent zu erreichen.
MDR (kir/cfr)
– NAG