Köln – Ein Jahr nach dem verheerenden Hamas-Angriff am 7. Oktober 2023 hat Abraham Lehrer, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland und Vorsitzender der Kölner Synagogengemeinde, eine besorgniserregende Bilanz zur Solidarität mit der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland gezogen. In einem Interview mit der Kölnischen Rundschau äußerte er, dass trotz einiger positiver Gesten, wie dem Schweigemarsch, zu dem die beiden großen christlichen Kirchen aufgerufen hatten, die allgemeine Unterstützung seitens der Bevölkerung stark zu wünschen übrig lasse.
Lehrer betonte, dass es zwar den Wunsch gebe, die jüdische Gemeinschaft in Deutschland zu erhalten, doch fehle es an klaren Signalen von der Mehrheitsgesellschaft. „Von der Solidaritätswelle nach dem Massaker ist ehrlich gesagt wenig geblieben. Bei einem großen Teil der Gesellschaft ist die Empathie für den Staat Israel und sein Handeln verlorengegangen“, erklärte er. Diese Abkehr von der Solidarität zeige sich besonders in der kritischen Haltung gegenüber Israel, die in der öffentlichen Diskussion häufig in extreme Positionen umschlage.
Kritik an öffentlicher Wahrnehmung
Lehrer äußerte, dass legitime Kritik an den Politikern Israels, wie Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, durchaus angebracht ist, es jedoch entscheidend sei, wo die Grenze zwischen Kritik und Antisemitismus ziehe. „Es ist antisemitisch, den Staat und alle Bürger in Geiselhaft zu nehmen und zu behaupten, sie hätten keine Existenzberechtigung“, so Lehrer. Diese Aussagen fügen sich in die vorherrschende Debatte über den Israel-Palästina-Konflikt und die wenig differenzierte öffentliche Wahrnehmung von Antisemitismus.
Zu den jüngsten Demonstrationen in Deutschland, die häufig von anti-israelischen Äußerungen geprägt sind, zeigte sich Lehrer verwundert. Er beobachtete, wie einige Menschen sich über Raketenangriffe auf Israel freuen könnten, was aus seiner Sicht ein alarmierendes Zeichen sei. Lehrer führt diesen verstärkten Antisemitismus auch auf die Zuwanderung seit 2015 zurück. „Die Menschen, die aus Ländern kamen, wo Israelhass alltäglich ist, haben diesen Hass oft mitgebracht. Sie haben ihn nicht bei der Ausreise zurückgelassen“, merkte er an.
Antisemitismus und Bildungspolitik
Eine vom Land Nordrhein-Westfalen veröffentlichte Studie, die einen hohen Anteil antisemitischer Einstellungen in der deutschen Bevölkerung nachweist, hat Lehrer nicht überrascht. „Schon vor dem Mauerfall gab es Umfragen, die auf latent antisemitische Einstellungen bei rund einem Fünftel der Menschen in der damaligen Bundesrepublik hinwiesen“, erklärte er. Diese Problematik wurde über die Jahre hinweg von vielen nicht ernstgenommen. Lehrer ist der Überzeugung, dass die tief verwurzelten Probleme im Bildungssystem endlich angegangen werden müssen. „Wir haben in der Bildungspolitik etwas grundlegend falsch gemacht“, so seine klare Forderung.
Diese Äußerungen machen deutlich, dass der Gedanke an eine starke jüdische Gemeinschaft in Deutschland heute auf ernste Herausforderungen stößt. Lehrer ruft dazu auf, das Thema Antisemitismus in der Gesellschaft ernsthaft zu diskutieren und die Unterstützung für die jüdische Gemeinschaft zu stärken. „Es ist wichtig, dass wir in der Gesellschaft zusammenkommen, um gemeinsam gegen jede Form von Hass und Intoleranz zu kämpfen“, schloss Lehrer seine Ausführungen.
Für eine detaillierte Betrachtung des Themas und weitere Informationen zu Abraham Lehrers Standpunkten, siehe den Bericht auf www.presseportal.de.
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