Die Beliebtheit von Unternehmens-Coachings hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Immer mehr Unternehmer sind bereit, erhebliche Beträge auszugeben, um von den Erfahrungen und dem Wissen erfahrener Mentoren zu profitieren. Dennoch ist es nicht selten, dass die Teilnehmer anschließend die Wirksamkeit der abgeschlossenen Mentoring-Verträge in Frage stellen.
Entscheidung des OLG Schleswig-Holstein
Ein bemerkenswerter Fall wurde kürzlich vor dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht (OLG) behandelt, das am 5. Juli 2024 in einem Berufungsverfahren über die rechtsgültige Natur eines Mentoring-Vertrages entschied. Die Klägerin, ein Anbieter von Mentoring-Programmen, war in der ersten Instanz vor dem Landgericht Kiel gescheitert. Dort wurde entschieden, dass der Vertrag aufgrund eines auffälligen Missverhältnisses zwischen Preis und Leistung als wucherähnlich angesehen werden müsse.
Was bedeutet das Urteil für die Coaching-Branche?
Das OLG hob dieses Urteil jedoch auf und erkannte der Klägerin einen vertraglichen Zahlungsanspruch in Höhe von 60.000 Euro für ein einjähriges Mentoring-Programm zu. Dies bedeutet eine positive Wende für Anbieter von Coaching-Dienstleistungen und zeigt, dass nicht alles, was teuer ist, automatisch als Wucher betrachtet werden kann. Das Gericht hatte festgestellt, dass die besondere Art des Angebots, das persönliche Erfahrungen und Methoden des Mentors vermittelt, nicht mit den traditionellen Kursen an Fernuniversitäten vergleichbar sei.
Vertragliche Bedingungen und deren Bedeutung
In der Beurteilung des OLG wurde zudem klargestellt, dass der Vertrag nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) nicht ungültig sei, da es an den erforderlichen Voraussetzungen für einen Fernunterrichtsvertrag fehlte. Dies zeigt, wie wichtig es für Coaching-Anbieter ist, die vertraglichen Rahmenbedingungen genau zu definieren, um rechtliche Risiken zu minimieren.
Lernkontrolle und Verantwortung der Teilnehmer
Ein zentraler Aspekt des Urteils ist die Frage der Lernerfolgskontrolle. Das OLG stellte fest, dass in diesem speziellen Mentoring-Programm keine objektiv messbare Lernerfolgskontrolle vorgesehen war, was für einen Fernunterricht nicht ausreicht. Es sei die Verantwortung jedes Teilnehmers, das vermittelte Wissen in seinem eigenen Unternehmen anzuwenden. Dies bedeutet, dass Coaching-Anbieter darauf achten sollten, diese Aspekte klar in ihren Verträgen darzulegen.
Wege zur rechtlichen Absicherung für Anbieter
Das Urteil stärkt die Position der Coaching-Anbieter und betont die Differenzierung zwischen verschiedenen Bildungsangeboten. Um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein, sollten Anbieter von Mentoring-Programmen sich rechtlichen Rat einholen und die Vertragsbedingungen sorgfältig gestalten, insbesondere was die Lernerfolgskontrolle betrifft. Rechtsanwälte, die auf Coaching-Verträge spezialisiert sind, können dabei helfen, geeignete Formulierungen zu finden und potenzielle Risiken zu minimieren.
Fazit zur Rolle von Kunden und Anbietern
Insgesamt zeigt das Urteil des OLG Schleswig-Holstein, wie wichtig es ist, Traumvorstellungen von Unternehmern über die Wirksamkeit von Coaching-Programmen realistisch zu betrachten. Während eine hohe Investition in Mentoring eine Chance für den geschäftlichen Erfolg darstellen kann, obliegt es dem jeweiligen Unternehmer, die Inhalte im eigenen Unternehmen effektiv umzusetzen. In der sich weiterentwickelnden Coaching-Landschaft müssen sowohl Anbieter als auch Teilnehmende wachsam bleiben und ihre Entscheidungen fundiert treffen.
– NAG