Die Hamburgische Bürgerschaft steht heute vor einer entscheidenden Abstimmung bezüglich des umstrittenen Einstiegs der global größten Container-Reederei MSC bei der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA). Ursprünglich sollte diese Entscheidung bereits vor der Sommerpause getroffen werden, jedoch verzögerte die Opposition die zweite Lesung, was nun die erste Sitzung nach der Sommerpause erforderlich machte. Mit der sicheren Mehrheit von SPD und Grünen ist eine Genehmigung des Deals zu erwarten. Aber was steckt genau hinter dieser Transaktion, die über mindestens 40 Jahre laufen soll?
Die Hamburger Hafen und Logistik AG, kurz HHLA, hat eine lange Tradition im Hamburger Hafen. Seit ihrer Gründung 1885 hat sich das Unternehmen zu einem entscheidenden Akteur im Hafengeschäft entwickelt. Im vergangenen Jahr wurden an den drei Terminals der HHLA – Tollerort, Altenwerder und Burchardkai – rund 5,9 Millionen Container umgeschlagen. Dies entspricht 77 Prozent des Gesamtumschlags von etwa 7,7 Millionen TEU im Hamburger Hafen. Ein weiterer Geschäftsbereich bietet die Tochtergesellschaft Metrans, die für die Schienenlogistik verantwortlich ist, die im gleichen Jahr knapp 1,4 Millionen Container transportierte.
Die gegenwärtige Lage der HHLA
Allerdings sieht sich die HHLA mit signifikanten Herausforderungen konfrontiert. Die globalen Krisen haben zu einem Rückgang im Containerumschlag von 7,5 Prozent geführt, und auch die Transportzahlen gingen um 5,4 Prozent zurück. Im ersten Quartal dieses Jahres berichtete die HHLA von einem Verlust, konnte sich aber im zweiten Quartal wieder stabilisieren. Diese Unsicherheiten werden durch die Veränderungen in der Branche verstärkt, da große Reedereien wie Maersk und Hapag-Lloyd Allianzen bilden und strategische Entscheidungen treffen, die negative Auswirkungen auf die HHLA haben könnten.
Ein weiterer Aspekt, der die Situation kompliziert, ist der signifikante Rückgang des Aktienkurses der HHLA. Von einst 59 Euro ist der Kurs auf 16 bis 17 Euro gefallen, was den dringenden Bedarf an finanziellen Mitteln zur Modernisierung und Automatisierung der Terminals verdeutlicht. In diesem Kontext ist die geplante Partnerschaft mit MSC von enormer Bedeutung.
Der MSC-Einstieg und seine Auswirkungen
Am 13. September 2023 machten die Hamburger Politiker den Schritt bekannt, dass MSC 49,9 Prozent der HHLA erwerben wird, während die Stadt ihren Anteil auf 50,1 Prozent reduzieren wird. Finanzsenator Andreas Dressel kündigte an, dass MSC ihr Ladungsaufkommen an den HHLA-Terminals bis 2031 signifikant erhöhen will, zudem steht der Bau einer neuen Deutschlandzentrale in der Hafencity an, was mit einer Verdreifachung der Mitarbeiterschaft einhergeht.
Die Reaktionen auf diese Nachrichten waren jedoch überwältigend negativ. Hafenarbeiter und Gewerkschaften äußerten ihre Bedenken in zahlreichen Demonstrationen und warnten vor möglichen negativen Folgen für die Beschäftigten und die Mitbestimmung. Insbesondere das Geschäftsverhalten von MSC wird kritisch betrachtet. Der Reederei wird vorgeworfen, nicht in einer Mitbestimmungsfreundlichen Weise zu agieren. Die Angestellten und Experten betonen die Gefahr, dass der Einstieg von MSC zu Entlassungen und massiven Veränderungen in der Unternehmensstruktur führen könnte.
Zusätzlich wird der Preis für die HHLA-Anteile angezweifelt. Kritiker halten den Kaufpreis von 16,75 Euro pro Aktie für viel zu niedrig und warnen, dass es möglicherweise einen geheimen Deal gab, hinter dem sich mindestens 233 Millionen Euro für die städtischen Anteile verbergen. Götz Wiese von der CDU hat darüber hinaus Beschwerde bei der Europäischen Kommission eingereicht und den Mangel an Transparenz in den Verhandlungen bemängelt.
MSC selbst, als größte Container-Reederei der Welt, hat sich immer als geheimnisvoller Akteur gezeigt. Informationen über Gewinn und Umsatz bleiben oft unter Verschluss, was zu Spekulationen über die tatsächliche Stabilität des Unternehmens führt. Laut Analysten hatte MSC im Jahr 2022 möglicherweise Umsätze von über 86 Milliarden Euro, was erhebliche Auswirkungen auf den Markt haben könnte. Diese Situation wirft die Frage auf, wie nachhaltig die Partnerschaft zwischen der Stadt Hamburg und MSC tatsächlich sein wird.
– NAG