In Schleswig-Holstein entsteht eine ernste Diskussion über die Bedingungen in Kindertagesstätten. Ein Bündnis aus verschiedenen Wohlfahrtsverbänden, Kita-Trägern, Gewerkschaften und Elternvertretern hat sich zusammengetan, um auf die unzureichenden Rahmenbedingungen hinzuweisen und Verbesserungen zu fordern. Der Sprecher des Kita-Aktionsbündnisses, Markus Potten, warnte, dass die aktuellen Reformen der Kitas nicht die voraussichtlichen Verbesserungen bringen, die nötig wären. Vielmehr besteht die Befürchtung, dass die Qualität der Betreuung leidet.
Ein zentrales Anliegen des Bündnisses ist die Verlässlichkeit der Kita-Betreuung. Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung aus dem August zeigt alarmierende Zahlen: Kita-Beschäftigte in Schleswig-Holstein fallen im Durchschnitt an 32 Tagen im Jahr aus, was doppelt so viel ist, wie es das Kita-Gesetz vorsieht. Diese Situation fordert mehr Unterstützung für die Quereinsteiger, die in den Kitas tätig sind, um eine bessere Einarbeitung zu gewährleisten.
Teufelskreis der Überbelastung
Die Arbeitsbedingungen in den Kitas stehen unter kritischer Beobachtung. Bernd Schauer, Geschäftsführer der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft Schleswig-Holstein (GEW), betont, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen schlechten Arbeitsbedingungen und der Qualität der Pädagogik gibt. Laut einer aktuellen Umfrage sind 91 Prozent der Beschäftigten in Kitas überlastet, was zu Erschöpfung und einem hohen Krankenstand führt.
Dieser Zustand führt zu einem sogenannten „Teufelskreis“: Ein hoher Krankenstand erhöht die Belastung für die verbleibenden Mitarbeiter, was wiederum zu weiteren Krankheitsausfällen führt. Dieses Problem erfordert dringend Lösungen, um die Bedingungen für das Kita-Personal zu verbessern und somit auch die Qualität der Betreuung für die Kinder zu sichern.
Aktive Forderungen und Mobilisierung
Um auf die Anliegen aufmerksam zu machen, plant das Bündnis eine groß angelegte Aktion. Anette Langner, Vorsitzende der Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände, kündigte an, 32.000 Postkarten an Abgeordnete zu verschicken. Die Postkarten sollen mit Botschaften wie „Verlässlichkeit hat einen Preis“ versehen sein und den Entscheidungsträgern verdeutlichen, wie wichtig die geforderten Veränderungen sind.
Ein weiterer Punkt auf der Agenda ist die finanzielle Situation der Kitas. Im Juli haben Land und Kommunen eine Einigung über die künftigen Kita-Kosten erzielt, um eine kritische Finanzierungslücke von 120 Millionen Euro pro Jahr zu schließen. Sozialministerin Aminata Touré (Grüne) kündigte an, dass sowohl das Land als auch die Kommunen jeweils 20 Millionen Euro zusätzlich bereitstellen werden. Der restliche Betrag soll durch Bürokratieabbau, Anpassungen des Anstellungsschlüssels und die Absenkung von Standards gedeckt werden.
Susanne Günther vom Kinderschutzbund Schleswig-Holstein äußert jedoch Bedenken bezüglich dieser Maßnahmen. Sie plädiert dafür, dass die Schließung der Finanzierungslücke transparent gestaltet wird, damit die benötigten finanziellen Mittel auch wirklich bei den Trägern der Kitas ankommen. Ihrer Meinung nach reicht die derzeitige Finanzierung nicht aus, um eine verlässliche Perspektive zu schaffen und den Fachkräftebedarf sowie die notwendige Qualität in den Kitas zu sichern.
Diese Diskussion um die Rahmenbedingungen in den Kitas ist entscheidend für die zukünftige Entwicklung der frühkindlichen Bildung in Schleswig-Holstein. Die Forderungen des Aktionsbündnisses stammen aus einem berechtigten Bedürfnis, ein stabiles und hochwertiges Betreuungsangebot für Kinder gewährleisten zu können. Die kommenden Entscheidungen werden maßgeblich darüber bestimmen, ob die politischen Versprechungen auch in der Realität umgesetzt werden können.