Ein bemerkenswerter Justizfall in Japan hat nun ein überraschendes Ende gefunden. Ein 88-jähriger ehemaliger Profiboxer, Iwao Hakamada, wurde von einem Gericht in Shizuoka freigesprochen, nachdem er fast fünf Jahrzehnte in der Todeszelle verbracht hatte. Die Richter stellten fest, dass während der Ermittlungen Beweise gefälscht wurden und ein ursprünglich abgelegtes Geständnis unter Zwang zustande kam. Dies ist ein seltener Fall in der Geschichte Japans, da nur vier weitere Fälle in der Nachkriegszeit zu einem Freispruch nach einer Todesstrafenverhängung führten, was die Bedeutung dieses Urteils unterstreicht.
Hakamada wurde 1966 verhaftet, nachdem in einem ausgebrannten Haus die Leichen seiner ehemaligen Arbeitgeber und deren Kinder gefunden wurden. Zu den Vorwürfen gehörten Mord, Raub und Brandstiftung. Aufgrund seiner Vergangenheit als Boxer sowie seiner Wohnsituation, die ihn in verschiedener Hinsicht als Verdächtigen erscheinen ließ, fiel der Verdacht schnell auf ihn. Er lebte auf dem Gelände der Sojafabrik, wo das Verbrechen stattfand.
Der unermüdliche Kampf der Schwester
Während all der Jahre im Gefängnis war seine Schwester Hideko, die mittlerweile 91 Jahre alt ist, eine unermüdliche Verteidigerin seiner Unschuld. Sie hat nie aufgegeben, um zu beweisen, dass ihr Bruder unschuldig ist. „Er lebt jetzt in einer Wahnvorstellung“, sagte sie in einem Interview und betonte die tiefgreifenden psychischen und physischen Folgen, die die fast 47 Jahre dauernde Isolationshaft bei ihm hinterlassen haben.
Die Gerichtsverhandlung brachte ans Licht, dass die Polizei Manipulationen bei den Beweismitteln vorgenommen hatte. Die Behauptung, dass Kleidungsstücke von Hakamada, die mit Blut befleckt waren, in einem Miso-Tank gefunden wurden, stellte sich als falsch heraus. Das Gericht akzeptierte die argumentierte Verteidigung, dass Kleidungsstücke, die über ein Jahr in Miso lagen, eine andere Farbe annehmen würden und somit die vorgelegten Beweise unglaubwürdig seien.
Die Fälschung von Beweisen
Das Urteil vom Donnerstag war nicht die erste rechtliche Wende für Hakamada. Bereits 2014 wurde er vorläufig freigelassen, als das Gericht ein Wiederaufnahmeverfahren genehmigte. Die daraufhin erlassene Aussetzung seiner Hinrichtung hatte jedoch keinen endgültigen Schlussstrich unter den Fall gezogen. Die Staatsanwaltschaft legte Einspruch ein, was dazu führte, dass der Fall mehr als neun Jahre später erneut aufgearbeitet wurde. Es bleibt abzuwarten, ob die Staatsanwaltschaft gegen das neue Urteil Berufung einlegen wird, was den Fortgang der bereits gescheiterten Ermittlungen zur Mordserie weiter komplizieren könnte.
Die Entscheidungen des Gerichts könnten weitreichende Folgen für die Glaubwürdigkeit des japanischen Rechtssystems haben, insbesondere in Bezug auf die Anwendung der Todesstrafe und den Umgang mit Beweismitteln. Justizexperten und Menschenrechtsaktivisten verfolgen den Fall mit großem Interesse, da er zentrale Fragen zur Fairness und Integrität rechtlicher Verfahren aufwirft.
Ein vielschichtiger Aspekt dieses Falls ist die unklare Identität des tatsächlichen Mörders oder der Mörder, was zu einem ständigen Gefühl der Unsicherheit und Tragik beiträgt. Der Fall von Hakamada wird in Japan weiterhin für Diskussionen sorgen und möglicherweise auch dazu führen, dass das Justizsystem überdacht wird. Mehr Informationen über diese Entwicklungen sind bei www.shz.de nachzulesen.