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Alarmstufe Rot: Ostsee droht durch Klimawandel zu kippen

Wissenschaftler in Kiel alarmieren über die rapide Erwärmung der Ostsee, die seit 1957 um zwei Grad gestiegen ist, was gravierende Folgen für marine Lebensbedingungen und das Ökosystem hat und dringende Maßnahmen erfordert.

Die Ostsee steht im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Aufmerksamkeit, und das aus gutem Grund. In den letzten 65 Jahren hat sich die Temperatur des Wassers an der Oberfläche um zwei Grad erhöht, ein alarmierendes Zeichen für die Meeresökologie, das Fachleute und Umweltschützer in Alarmbereitschaft versetzt. Wissenschaftler am Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel, darunter die Marine Umweltwissenschaftlerin Helmke Hepach, setzen alles daran, die umfangreichen Veränderungen zu verstehen, die sich in diesem empfindlichen Ökosystem vollziehen.

Regelmäßig fahren Hepach und ihr Team mit einem Schiff in die Eckernförder Bucht, um Wasserproben zu entnehmen. Dies geschieht jeden Monat und erfolgt in verschiedenen Wassertiefen – von einem bis zu 25 Metern. Pro Wassertiefe werden zwölf Liter Wasser mit in das Forschungslabor gebracht, wo sie dann analysiert werden.

Bedrohung durch die Erderwärmung

Der Klimawandel ist nicht nur ein Schlagwort; er hat realweltliche Auswirkungen auf die Ostsee. Die Experten berichten, dass die Erwärmung der Wasseroberfläche dazu führt, dass der Sauerstoffgehalt im Wasser abnimmt. Diese Änderung ist insbesondere für Arten wie den Kabeljau problematisch, die kaltes Wasser für ihre Fortpflanzung benötigen. Wenn die Temperaturen steigen, verändern sich die Lebensbedingungen erheblich, was bereits zu einem Rückgang der Kabeljaupopulation geführt hat.

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Doch nicht nur der Kabeljau ist betroffen. Auch Hering und andere wichtige Fischarten leiden unter den veränderten Temperaturverhältnissen, die ihre Laichgebiete weniger geeignet machen. Zudem kämpfen Mikroorganismen und Bakterien, die in der Ostsee leben, aufgrund der erhöhten Wassertemperaturen um ihr Überleben, was zu einer weiteren Verschlechterung des marinen Ökosystems führen kann. Faktoren wie wärmeres Wasser im Winter tragen auch dazu bei, dass Fressfeinde von Mikroalgen nicht sterben, was die Biomasse verringert.

Helmke Hepach betont, dass die geografische Lage der Ostsee, die nur begrenzte Möglichkeiten zum Austausch mit den angrenzenden Gewässern bietet, die Situation zusätzlich verschärft. Ihre flache Beschaffenheit lässt die Ostsee schneller erwärmen als andere Meere.

Unzureichende Maßnahmen zur Erhaltung

Trotz bereits umgesetzter Schutzmaßnahmen zeigt die Realität, dass die Bemühungen bisher nicht den gewünschten Effekt erzielen. Wissenschaftler am Geomar beobachteten, dass der Zustand der Ostsee sich nicht verbessert, sondern eher verschlechtert. Dies wird durch die Zunahme von Blaualgen und invasiven Tierarten bestätigt, die in den letzten Jahren vermehrt aufgetreten sind. Diese Probleme erfordern dringende Maßnahmen.

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Ein Vorschlag von Hepach und ihrem Team besteht darin, als „Klima-Nischen“ bezeichnete Küstenabschnitte zu schützen, die kühler sind und möglicherweise besser geeignete Bedingungen für das Laichen von Fischen bieten. Außerdem wird die Wiederaufforstung von Seegraswiesen als eine sinnvolle Maßnahme erachtet, um die Lebensbedingungen im Wasser zu verbessern. Es besteht auch ein immenser Bedarf, den Eintrag von Nährstoffen aus landwirtschaftlichen Betrieben in die Ostsee zu reduzieren.

Ein Ausblick auf die Zukunft der Ostsee bleibt ungewiss. Helmke Hepach und ihr Team setzen ihre Arbeit fort, um die Entwicklungen im Ökosystem über die kommenden Jahre hinweg zu dokumentieren. Trotz der Herausforderungen, die die Erderwärmung mit sich bringt, sind die Forscher zuversichtlich, dass die Ostsee noch nicht verloren ist. Durch kontinuierliche Forschung und gezielte Schutzmaßnahmen kann der Zustand dieser wichtigen Wasserstraße möglicherweise verbessert werden.

Wissenschaftliche Bemühungen und Herausforderungen

Die Herausforderungen, denen sich die Wissenschaftler gegenübersehen, sind vielfältig und komplex. In einer Zeit, in der der Klimawandel immer mehr Einfluss auf unsere Meere und Ozeane nimmt, wird die Forschung an der Ostsee zu einem Schlüsselfaktor im globalen Kampf gegen die Folgen der Erderwärmung. Fachleute betonen, dass schnelles Handeln notwendig ist, um die biologische Vielfalt und die Gesundheit dieser einzigartigen Wasserlandschaft zu bewahren.

Die ökologischen Herausforderungen der Ostsee

Die Ostsee ist ein empfindliches Ökosystem, das bereits erheblichen Druck aufgrund menschlicher Aktivitäten erfährt. Die Überfischung ist ein zentrales Problem, das nicht nur die Bestände des Kabeljaus und des Herings gefährdet, sondern auch die gesamte Nahrungskette umgestaltet. Laut dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft ist die Überfischung eines der größten Herausforderungen für die nachhaltige Bewirtschaftung der Ostsee. Mit der Abnahme von Schlüsselarten verändern sich die Lebensräume und führen zu einem Ungleichgewicht in der marinen Biodiversität.

Ein weiteres ernstes Problem ist die Eutrophierung der Ostsee, die durch übermäßige Nährstoffeinträge aus Landwirtschaft und Industrie verursacht wird. Diese führen zu einer Überdüngung, die wiederum zur Bildung von Algenblüten führt. Diese Algen blühen zwar in der warmen Jahreszeit, verrotten jedoch später im Wasser, was den Sauerstoffgehalt weiter reduziert und andere marine Arten bedroht. Die Weltwelt-Naturschutzunion (WWF) hat sowohl die menschlichen Aktivitäten als auch die Erwärmung der Meeresoberfläche als wesentliche Ursachen für die steigenden Eutrophierungsraten identifiziert.

Die Rolle von Forschung und Schutzmaßnahmen

Forschungsinstitute wie das GEOMAR Helmholtz-Zentrum arbeiten intensiv daran, das Verständnis des Ökosystems Ostsee zu vertiefen und mögliche Lösungen zu finden. Neben dem Monitoring überwachter Gebiete werden innovative Ansätze erforscht, um die regenerativen Kapazitäten der Ostsee zu fördern. Dazu gehören unter anderem Programme zur Wiederherstellung von Seegraswiesen, die als wichtige CO2-Speicher fungieren und gleichzeitig Lebensraum für verschiedene Meerestiere bieten.

Aktuelle Initiativen greifen jedoch oft zu kurz oder bleiben in ihrer Wirkung hinter den Erwartungen zurück. Der Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung unterstützt mehrere Programme zur Förderung der nachhaltigen Entwicklung in den Küstenregionen der Ostsee und fördert somit nicht nur den Umweltschutz, sondern auch die lokale Wirtschaft. Ein verantwortungsvolles Handeln der Gesellschaft als Ganzes wird entscheidend sein, um die Lebensräume der Ostsee zu erhalten und für zukünftige Generationen zu sichern.

– NAG

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