Volkswagen, Europas größter Autobauer, steht vor einer erheblichen Krise, die nicht nur die Unternehmensstrategie, sondern auch die Zukunft seiner zehn deutschen Standorte betrifft. Hohe Produktionskosten und Überkapazitäten bringen den Traditionshersteller in eine bedenkliche Lage. Eine Neuausrichtung scheint unumgänglich, doch wie tief werden die Einschnitte ausfallen und welche Auswirkungen hat dies auf die Belegschaft?
Die Spannung steigt bereits im Vorfeld der Tarifverhandlungen mit der IG Metall, die am 25. September beginnen. In einem Flugblatt, das an mehreren Standorten verteilt wurde, machte Volkswagen unmissverständlich klar, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gefordert sind, die Produktivität zu steigern, um die hohen Lohnkosten zu senken. Die Geschäftsführung betont, dass die Produktion in Deutschland zu teuer sei, konkretisierte jedoch keine spezifischen Sparmaßnahmen.
Die wichtigsten Standorte im Fokus
Der Hauptstandort in Wolfsburg, eine der größten Autofabriken weltweit, wird von der Krise stark belastet. Mit einer Belegschaft von etwa 62.000 Angestellten und einer Produktion von rund 500.000 Fahrzeugen jährlich ist das Werk derzeit nur zur Hälfte ausgelastet. Ein geplanter weiterer Produktionsstandort für Elektroautos in Wolfsburg wurde bereits gestrichen, und die Unsicherheit über die Zukunft dieses Standorts ist enorm.
In Hannover, dem Standort des legendären VW Transporters, sind seit 2020 bereits ungefähr 3.000 Stellen abgebaut worden, mit dem Ziel, bis 2029 weitere 2.000 Jobs abzubauen. Der Standort, an dem etwa 14.700 Menschen arbeiten, bleibt von betriebsbedingten Kündigungen bisher verschont, da freie Stellen nicht nachbesetzt werden.
Emden steht vor einem Umbruch: Nachdem das Werk 1974 die Produktion des Passats aufgenommen hat, wurde es nun auf Elektrofahrzeuge umgestellt. VW investierte über eine Milliarde Euro in den Umbau, doch aufgrund der sinkenden Nachfrage musste die Produktion zeitweise eingestellt werden. Der Standort mit seinen 8.600 Mitarbeitenden ist somit stark unter Druck.
Ein weiterer bedeutender Standort ist Kassel, das größte Komponentenwerk von VW, wo etwa 16.800 Personen beschäftigt sind. Hier werden Teile für sowohl Verbrennungs- als auch Elektrofahrzeuge produziert, was Kassel zu einem Zentrum in der Lieferkette von Volkswagen machen könnte.
In Braunschweig, der ältesten Produktionsstätte, arbeitet man an der Herstellung von Achsen und Bremsscheiben, darunter auch Batteriesysteme für E-Autos. Auch dort werden Personalreduzierungen und möglicherweise Produktionskürzungen in Betracht gezogen.
Der Standort Salzgitter durchläuft eine Transformation von der Motorenproduktion zur Herstellung von Batteriezellen, mit dem Ziel, zukunftsfähig zu bleiben. Auf die dortigen 6.350 Mitarbeiter warten Herausforderungen, denn die Umstellung ist ein bedeutender Schritt in die Zukunft.
Osnabrück hat eine über 100-jährige Tradition in der Automobilproduktion, wobei die Zukunft des Standorts vor allem von der Nachfrage nach Porsche-Modellen abhängen wird. In Zwickau, ehemals für den Trabant bekannt, werden mittlerweile ausschließlich Elektroautos gefertigt, doch auch hier leiden die Beschäftigten unter der schwachen Nachfrage. Das Werk musste bereits Schichten reduzieren und befristete Arbeitsverträge nicht verlängern.
Das Chemnitzer Werk hingegen produziert nach wie vor Verbrennungsmotoren und war bereits vor der Wiedervereinigung aktiv. Doch auch hier wird die zunehmende Umstellung auf Elektrofahrzeuge ein großes Umdenken und Anpassungen erfordern.
Die „Gläserne Manufaktur“ in Dresden, der kleinste VW-Standort in Deutschland, könnte bald die Fahrzeugfertigung einstellen und in ein Auslieferungszentrum umgewandelt werden. Diese Entwicklungen spiegeln die Unsicherheiten der gesamten Branche wider, die vor einem massiven Umbruch steht.
Die großen Herausforderungen, vor denen die deutschen Standorte von Volkswagen stehen, zeigen sich in sehr unterschiedlichen Ausprägungen. Während einige Werke bereits neue Wege einschlagen, kämpfen andere mit den Folgen stagnierender Produkte und Angeboten in einem sich schnell verändernden Markt. VW muss nun entscheiden, wie es mit diesen zentralen Einrichtungen verfahren will, während die Zukunft der Automobile neu gestaltet wird.
Die Situation verlangt von Volkswagen schnelle, aber durchdachte Entscheidungen und wird einen enormen Einfluss auf die globalen Strategien des Unternehmens haben. Informationen hierzu werden aktuell auch in einem Bericht auf www.ingenieur.de bereitgestellt.