In der sächsischen Stadt Zwickau wird am kommenden Sonntag eine bedeutende Ausstellung eröffnet, die sich kritisch mit der Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) auseinandersetzt. Diese Ausstellung, die den Titel „Zwickau und der NSU. Auseinandersetzung mit rechtsextremen Taten“ trägt, reflektiert die Rolle Zwickaus als Rückzugsort für die Neonazi-Gruppe, die von 2000 bis 2011 viele Jahre unentdeckt bleiben konnte. Die Eröffnung erfolgt zum Schutz von Opfern und als Mahnung, anlässlich der sächsischen Landtagswahl.
Der NSU, bestehend aus Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe, verübte von diesem Ort aus zahlreiche Verbrechen, darunter zehn Morde, die in der Öffentlichkeit gut dokumentiert sind. Diese Ausstellung, unterstützt vom sächsischen Staat, geht jedoch über die gängige Darstellung hinaus und thematisiert zusätzlich ein elftes Todesopfer: Atilla Özer, der 2017 an den Folgen eines Nagelbombenanschlags in Köln starb. Diese Maßnahme verdeutlicht die tiefgreifenden finanziellen und emotionalen Auswirkungen des rechten Terrors auf die Menschen und gibt Einblick in die Komplexität der damals vorherrschenden Gewaltsituationen.
Erinnerungskultur und gesellschaftliche Reflexion
Die Ausstellung ist nicht nur ein Ort der Erinnerung, sondern auch ein Beitrag zur gesellschaftlichen Reflexion über die Gefahren des Rechtsextremismus. Insbesondere Oberbürgermeisterin Constance Arndt betont die Relevanz des Themas: „Es ist und bleibt wichtig, dass wir an die Opfer des NSU erinnern und die grausamen Taten nicht in Vergessenheit geraten“. Diese Worte sollen die Community dazu anregen, sich aktiver mit der dunklen Geschichte auseinanderzusetzen und ein Zeichen gegen politisch motivierten Extremismus zu setzen.
Ein zentrales Anliegen von Piotr Kocyba und Ulf Bohmann, die die Ausstellung kuratiert haben, ist es, zu zeigen, dass der NSU nicht nur aus dem „Haupttrio“ bestand. Sie beleuchten die Netzwerke und Unterstützer, die sich um die Gruppe scharten und damit einen bedeutenden Einfluss auf deren Taten hatten. Diese übergreifende Perspektive stärkt das Verständnis dafür, wie tief verwurzelt rechtsextremes Gedankengut in der Gesellschaft sein kann.
Die Ausstellung soll auch gegen das Schweigen in der Gesellschaft ankämpfen, wie Springfeld, ein in Zwickau lebender Autor, konstatiert. Er erwähnt die Ambivalenz des Lebens in Zwickau: „In Zwickau leben heißt unter Nazis leben. In Zwickau leben heißt aber auch, unter Freund*innen leben, unter Aktivist*innen, die niemals aufgeben.“ Diese Anmerkung zeigt, dass trotz der dominierenden negativen Geschichte auch viele Menschen gegen diese Einstellungen kämpfen.
Widerstand gegen die Erinnerung
Doch der Weg zur Erinnerungsarbeit wird von Schwierigkeiten begleitet. Ein tragisches Beispiel ist die Gedenkeiche, die im Jahr 2019 im Schwanenteichpark zur Erinnerung an Enver Simsek, das erste Opfer der NSU-Morde, gepflanzt wurde. Diese Eiche wurde im Oktober desselben Jahres nachts abgesägt – ein Symbol für den kaum greifbaren Widerstand, den die Stadt auf ihrem Weg der Aufarbeitung erfährt. Die Täter dieser üblen Tat sind bis heute unbekannt, was die Verletzungen in der Gemeinschaft noch verstärkt.
Die Ausstellung thematisiert auch andere Vandalismusakte gegen Gedenkbänke, die für NSU-Opfer aufgestellt wurden. Diese Bänke blieben oft nicht lange unbeschädigt, was die Schwierigkeiten zeigt, mit denen sich die Stadt Zwickau konfrontiert sieht, wenn es darum geht, ihren eigenen grausamen Teil der Geschichte zu institutionalisiert zu reflektieren. Die Ausstellung veranstaltet am kommenden Sonntag im Museum Priesterhäuser eine Eröffnungsrede, die das Engagement der Stadt und ihrer Bürger für eine bessere Aufarbeitung des Themas unterstreichen soll.
Die Ausstellung selbst wird von verschiedenen Schautafeln begleitet, die die Taten, Opfer und Tatorte des NSU zusammenfassen. Dies gibt den Bürgern die Gelegenheit, mehr über die Hintergründe zu lernen und damit eine fundierte Diskussion zu eröffnen. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob die Zwickauer Bürger bereit sind, sich diesem herausfordernden Thema zu stellen und sich mit den Gespenstern der Vergangenheit zu beschäftigen.
– NAG