In Sachsen stehen die sportlichen Rahmenbedingungen an Schulen derzeit unter Beobachtung, und das hat der Professorin für Sportdidaktik und Bewegungspädagogik, Heike Tiemann, Anlass gegeben, ihre Einschätzungen dazu zu teilen. Tiemann, die an der Sportwissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig lehrt, hebt hervor, dass der Sportunterricht in Sachsen nicht mit dem Niveau anderer Bundesländer mithalten kann.
Der Sportunterricht in Sachsen sieht vor, dass Schüler in den Klassen eins bis drei sowie in fünf und sechs jeweils drei Stunden Sport pro Woche haben. Nach der vierten Klasse und von der siebten bis zur zehnten Klasse wird dieser auf zwei Stunden pro Woche reduziert. Im Vergleich dazu haben viele andere Bundesländer in Deutschland durchgängig drei Stunden Sportunterricht, was es noch schwerer macht, die angestrebten Ziele zu erreichen. „Die Ziele des Sportunterrichts zu erreichen, ist schon bei drei Stunden kaum möglich”, betont Tiemann.
Schwimmunterricht in der Kritik
Ein weiteres Anliegen ist der Rückgang der Schüler, die als schwimmfähig gelten. Der Schwimmunterricht fand in der Nachwendezeit in der vierten Klasse statt, wobei etwa 90 Prozent der Schüler den Unterricht erfolgreich absolvieren konnten. Diese Zahl sank jedoch, nachdem der Schwimmunterricht auf die dritte Klassenstufe verlegt wurde, und liegt nun nur noch bei etwa 80 Prozent. Aktuell wird der Schwimmunterricht in der zweiten Klasse angeboten, doch nur noch etwa 60 Prozent der Schüler schließen diesen mit dem Prädikat „schwimmfähig” ab. Dies wirft Fragen zu den Effektivität der aktuellen Lehrmethoden und dem Stellenwert von Schwimmunterricht in den Grundschulen auf.
„Das Niveau und die Ergebnisse sind alarmierend”, bemerkt Tiemann und verweist auf den sinkenden Prozentsatz der schwimmfähigen Kinder. In einer Zeit, in der Sicherheit im Wasser von großer Bedeutung ist, könnte diese Entwicklung weitreichende Folgen haben.
Internationale Vergleiche und Ansätze
Tiemann wirft auch einen Blick über die deutschen Grenzen hinaus und verweist auf Australien als ein Vorbild für Diversität und Inklusion im Sportunterricht. Die Downunder-Nation hat innovative Unterrichtskonzepte etabliert, die sich mit diesen Themen systematisch auseinandersetzen. In Ländern wie Island sei Bewegung nicht nur auf den Sportunterricht beschränkt, sondern viel stärker im Gesamt-Schulkonzept integriert, sodass es eine breitere Basis für körperliche Aktivität und Gesundheitsförderung gibt.
Die Integration von Bewegung in den schulischen Alltag könnte ein Schlüssel zur Stärkung der gesundheitlichen Bildung und der motorischen Fähigkeiten der Schüler sein. Diese Ansätze präsentieren eine Möglichkeit, den Sportunterricht in Deutschland zu verbessern und an internationale Standards anzupassen.
Ein weiteres zentrales Thema, das Tiemann anspricht, ist die Ausbildung von zukünftigen Sportlehrern. Allgemein beobachtet man in Deutschland einen Rückgang an Lehramtsstudenten, die sich für Sport entscheiden. Leipzig stellt jedoch eine Ausnahme dar: „Wir können uns kaum vor Bewerbern retten”, so Tiemann. Dies liegt nicht nur an der Attraktivität der Stadt, sondern auch an der modernen Ausbildung, die den Studierenden Konzepte in den Bereichen Vielfalt, Digitalisierung und Demokratiebildung bietet. Ein frischer Ansatz, der mit den Anforderungen des heutigen Bildungssystems Schritt halten kann.
Insgesamt wird deutlich, dass der Sportunterricht in Sachsen vor ernsthaften Herausforderungen steht. Eine erneute Evaluation der Lehrpläne und eine stärkere Integration von Bewegung in den Bildungsbereich sind dringend notwendig, um die Qualität des Sportunterrichts zu steigern und die Schüler besser vorbereiten zu können. Sicherlich sind die Entwicklungen des Sportunterrichts in Sachsen ein Thema, das sowohl Diskussionen als auch dringende Reformen notwendig macht, um die Gesundheit und das Wohlbefinden der Jugendlichen nachhaltig zu fördern. Für detailliertere Einblicke in die Thematik, siehe den Bericht auf ahoi-leipzig.de.