Oschatz. In einem bewegenden Rückblick erzählt die 66-jährige Barbara Scheller von ihrer Zeit als Betreuerin für minderjährige Asylbewerber im ehemaligen Schullandheim in Lampersdorf. Von 2015 bis 2018 kümmerte sie sich um 18 junge Männer, die aus den Krisengebieten der Welt geflohen waren. „Die Jungs hatten keine Kindheit erlebt, wie wir sie kennen“, erklärt die gebürtige Oschatzerin. Sie bot ihnen nicht nur ein Dach über dem Kopf, sondern auch eine liebevolle Betreuung, die an die einer Großmutter erinnerte.
Scheller, die als Ingenieurin für Automatisierungstechnik ausgebildet ist, erinnert sich an die ersten Tage, als die Jugendlichen mit zerrissenen Jacken und kaputten Schuhen ankamen. „Ich wollte ihnen einfach helfen“, sagt sie. Mit viel Geduld und Kreativität brachte sie ihnen die deutsche Sprache bei, indem sie Kinderfilme schaute und einfache Spiele spielte. „Ich war wie eine Oma für die Jungs“, lächelt sie. Ihre täglichen Aufgaben umfassten alles von Frühstück zubereiten bis hin zu Arztbesuchen und Hausaufgabenbetreuung.
Ein Zuhause für die Jugendlichen
Die ehemalige Erzieherin hat in dieser Zeit fast 100 Jugendliche betreut und ihnen ein Gefühl von Normalität vermittelt. „Das Heim war für sie ein Ort, an dem sie endlich ankommen konnten“, sagt Scheller. Auch nach der Schließung des Heims im Jahr 2018 hat sie den Kontakt zu vielen ihrer Schützlinge gehalten. Einige leben heute in Wermsdorf, Oschatz, Taucha, Torgau, Leipzig oder Dresden und haben sich gut in die Gesellschaft integriert, viele haben Familien gegründet und Berufe wie Koch oder Altenpfleger erlernt.
Scheller engagiert sich weiterhin ehrenamtlich und setzt sich für die Belange von Asylbewerbern ein. „Ich helfe bei Einbürgerungen, Wohnungssuchen und sogar bei Hausaufgaben“, erklärt sie. Ihre Botschaft ist klar: „Integration bedeutet, dass diese Menschen das Recht haben, am Leben teilzuhaben.“ Sie fordert die Gesellschaft auf, sich um Flüchtlinge zu kümmern, denn „wenn sich jeder um einen Flüchtling kümmern würde, hätte jeder Flüchtling zehn Freunde.“