In Sachsen-Anhalt wird das duale Lehramtsstudium neu gestaltet, um dem akuten Lehrermangel entgegenzuwirken. Josefin Richen, eine 19-jährige Studentin, hat ihren ehemaligen Schulweg in Gardelegen hinter sich gelassen und studiert nun Deutsch und Chemie an der Universität Magdeburg. Ihr Studiengang ist Teil eines innovativen Modells, das darauf abzielt, Studierende bereits frühzeitig mit dem Lehrberuf vertraut zu machen und gleichzeitig eine finanzielle Unterstützung für sie sicherzustellen.
Das neue Modell sieht vor, dass die angehenden Lehrkräfte nicht nur theoretisch ausgebildet werden, sondern ab dem dritten Semester einen Tag in der Woche praktische Erfahrungen an einer dazugehörigen Schule sammeln. Diese Schulen sind häufig in Regionen mit einem akuten Mangel an Lehrkräften. Die Studentinnen und Studenten erhalten ein monatliches Gehalt von 1.400 Euro brutto und können ihr Studium finanziell selbst unterstützen. Nach Abschluss ihres Studiums sind sie verpflichtet, fünf Jahre an der Schule zu unterrichten, an der sie ausgebildet wurden.
Die Struktur des Studiengangs
Das Konzept wurde von Bildungsministerin Eva Feußner (CDU) initiiert, die überzeugt ist, dass eine enge Bindung zwischen den Studierenden und den Schulen geschaffen wird. Diese enge Verbindung soll die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass die Absolventen langfristig im Beruf bleiben. Feußner betont, dass das duale Studium eine spannende Herausforderung ist und die Studierenden vor der neuen Verantwortung umfassend unterstützt werden.
Allerdings gibt es auch kritische Stimmen: Der Deutsche Philologenverband warnt vor den möglichen negativen Folgen des Modells. Die Vorsitzende des Verbandes, Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing, äußert Bedenken, dass die finanziellen Anreize dazu führen könnten, dass die Studierenden weniger bereit sind, den "regulären, intensiven und längeren Bildungsweg" zu gehen. Zudem könnte die Anerkennung des Abschusses in anderen Bundesländern fraglich sein, was eine erhebliche Herausforderung darstellt.
Die Bildungsministerin hat bereits einen Gipfel einberufen, um mögliche Lösungen zur Verbesserung der Lehrersituation in Sachsen-Anhalt zu diskutieren. Ein zentraler Punkt wird dabei sein, wie die Attraktivität des Lehrerberufs insgesamt gesteigert werden kann.
Verteidigung des Modells
Jens Strackeljan, Rektor der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, verteidigt das duale Studium. Er hebt hervor, dass das Konzept den Anforderungen der Kultusministerkonferenz entspricht und die Studierenden in ein vollständiges Studium eintauchen. Strackeljan sieht die Praxisintegration als eine sinnvolle Anpassung und glaubt, dass sie den Lehrern beim Übergang ins Berufsleben helfen könnte. Insbesondere wäre es von Vorteil, wenn angehende Lehrkräfte bereits früher Erfahrungen im Schulalltag sammeln, um den Übergang in die Schule zu erleichtern.
Auf Seiten der Schulen wird das Modell ebenfalls positiv aufgenommen. Solveig Lamontain, die Schulleiterin der Sekundarschule in Gardelegen, hat schon seit Jahren Schwierigkeiten, neue Lehrkräfte zu gewinnen. Sie sieht das neue Modell als Chance, frischen Wind ins Kollegium zu bringen und die Ausbildungsstruktur zu verbessern. Trotz der Herausforderungen, die mit der Einarbeitung neuer Lehrkräfte verbunden sind, ist sie optimistisch: „Wenn wir uns nicht kümmern, wird es nicht funktionieren“, sagt sie.
Dieses innovative Studienmodell könnte ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung des Lehrermangels in Sachsen-Anhalt sein. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie die Verantwortlichen die Bedenken hinsichtlich der Qualität und der Anerkennung des Abschlusses adressieren. Die Diskussion über die richtige Balance zwischen Praxisorientierung und akademischer Tiefe wird sicher weitergeführt werden, während neue Lehramtsstudenten wie Josefin ihre Karriere in der Bildung beginnen.
Für Interessierte bieten sich gerade spannende Perspektiven im Schulbereich, und vor allem in Mangelregionen ist die Bewerbung um Lehrkräfte von großer Bedeutung. Weitere Informationen zur Thematik finden sich in einem ausführlichen Bericht auf www.zdf.de.
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