In einem Zeichen der Unruhe in der deutschen Kulturlandschaft haben zahlreiche Theater kürzlich angekündigt, ihre Namen zu ändern. Diese Veränderungen, die sowohl wirtschaftliche als auch politische Motive reflektieren, werfen Fragen auf: Was wird durch solche Umbenennungen gewonnen, und was kann dadurch verloren gehen?
Die Diskussion rund um die Namensänderung nimmt Fahrt auf, besonders nach der jüngsten Ankündigung von Kay Voges, dem Intendanten des Wiener Volkstheaters. Er plant, sein Theater in „Deutsches Volkstheater“ umzubenennen, sofern die FPÖ die Nationalratswahl gewinnt. Diese Formulierung, die eher als PR-Aktion anzusehen ist, wird von diversen Zuschauern als satirisches Schauspiel interpretiert. Die damit verbundenen schrägen Instagram-Videos, in denen Schauspieler Samouil Stoyanov von Voges eine symbolische Ohrfeige erhält, betonen den Grad der Ironie in dieser Angelegenheit. Kein Wunder, dass Kritiker in den Kommentaren über diesen Kunstaktivismus der frühen 2000er Jahre schimpfen.
Namen und Sponsoren
Ein weiterer zentraler Punkt der Debatte ist das Gerhart-Hauptmann-Theater in Görlitz und Zittau. Dort besteht die Möglichkeit, den Namen des Nobelpreisträgers an einen wirtschaftlichen Sponsor zu verkaufen. Züchtig wurde das anfangs als Witz abgetan, doch nach den Äußerungen des Intendanten Daniel Morgenroth beginnt die Realität, den Eindruck zu bestätigen. Der finanzielle Druck zwingt Theater, in Erwägung zu ziehen, ihren Ursprung und ihre Geschichte gegen eine wirtschaftliche Unterstützung einzutauschen, was viele Kulturschaffende entsetzt.
Einige sehen in einem solchen Sponsoring einen Verstoß gegen die Kunstfreiheit. Doch wie steht es um die künstlerische Unabhängigkeit großer Institutionen, die in prestigeträchtigen Hallen wie der Walt Disney Concert Hall auftreten? Die Anzahl von Verträgen, die eine Einmischung in die kreative Arbeit untersagen, könnte darauf hindeuten, dass die Bedenken vor allem aus einer nostalgischen Sicht auf das Theater stammen, das sich als kulturelles Bollwerk verstecken möchte.
Öffentliche Kultur und Branding
Die Frage, die sich hier stellt, ist, wie viel öffentliche Kultur tatsächlich bereit ist, dem kommerziellen Branding zu unterliegen. Die Berliner Volksbühne hat sich beispielsweise den Namenszusatz „am Rosa-Luxemburg-Platz“ ganz bewusst bewahrt, um die Identität und die Erinnerung an ihren Standort lebendig zu halten. Solche Überlegungen sind für Theaterhäuser von Bedeutung, da ihre Namen oft tiefere historische und kulturelle Wurzeln haben.
Sowohl die Umbenennung des Volkstheaters als auch der potenzielle Namensverkauf in Görlitz sind Teil einer vielschichtigen Debatte über die Zukunft der Kulturinstitutionen. Wenn Voges sagt, dass er den Stolz auf seine Theateridentität begraben könnte, ist das eine gewagte Aussage. Zugleich zeigt der Umgang mit dem Namensrecht in Görlitz und Zittau, dass die Theaterlandschaft in einer existenziellen Krise steckt.
Diese Theater streben nicht nur nach Überleben, sondern auch nach einer klaren Identität, während sie gleichzeitig versuchen, sich an die neuen Bedingungen der Realität im Kulturbereich anzupassen. Die Zuschauer und Aktiven in der Szene müssen sich nun fragen, was sie bereit sind, für die Kunst zu opfern und ob es einen Kompromiss gibt, der nicht nur wirtschaftlichen, sondern auch kulturellen Wert schafft.
Die Zukunft der Theater wird maßgeblich davon abhängen, wie sie mit diesen Herausforderungen umgehen. Einige mögen sich wünschen, dass die Tradition und die Unabhängigkeit der Bühnen bestehen bleibt, während andere den Pragmatismus der wirtschaftlichen Notwendigkeit erkennen und akzeptieren müssen. Diese Debatte ist nicht nur ein Spiegelbild von Kunst und Kultur, sondern auch von den sich verändernden Werten der Gesellschaft.
Für eine umfassende Analyse dieser Themen und ihrer Auswirkungen auf die aktuelle Theaterlandschaft, siehe den Bericht auf www.nachtkritik.de.