In der jüngsten Sitzung des Görlitzer Kreistages, die das erste Mal nach der Kommunalwahl stattfand, entbrannten hitzige Debatten über die Zukunft der sorbischen Beauftragten-Stellen. Die rechtspopulistische AfD stellte einen Antrag, der die Umwandlung der Beauftragten für Gleichstellung, Integration und insbesondere für die sorbische Minderheit vorsah. Diese Frage entpuppte sich als zentraler Streitpunkt, der die Aufmerksamkeit der Domowina, dem Bund Lausitzer Sorben, auf sich zog.
Die AfD schlug vor, dass die Position des sorbischen Beauftragten von einem Mitarbeiter des Landratsamts übernommen werden sollte, während die Stelle für Integration und Teilhabe zukünftig ehrenamtlich besetzt werden könnte. Die Partei rechtfertigte diesen Schritt mit angeblichen Kosteneinsparungen. Doch die Resonanz auf diesen Vorschlag war deutlich: Der Antrag wurde mit einer klaren Mehrheit abgelehnt. Der Vorsitzende der Domowina, Dawid Statnik, äußerte sich zu diesem Vorstoß und kritisierte scharf die Haltung der AfD, er bezeichnete die geplanten Veränderungen als einen Angriff auf die Rechte der sorbischen Gemeinschaft. „Minderheitenpolitik darf niemals abhängig von der Kassenlage sein“, stellte er fest und warnte davor, die Bedürfnisse des sorbischen Volkes zu ignorieren.
Wahlen und politische Machtverhältnisse
Die jüngsten Kommunalwahlen haben der AfD nicht nur eine dominierende Stellung im Kreistag beschert, sondern auch ein gewisses Maß an Einfluss auf die politischen Entscheidungen in der Region gesichert. Mit einem Stimmenanteil von 36,1 Prozent steht die AfD mittlerweile ganz oben und übertrifft die CDU, die 23,6 Prozent erhielt. Von insgesamt 86 Sitzen im Kreistag haben sie nun 31 Sitze inne und haben damit das Sagen bei relevanten Abstimmungen.
Ein ähnliches Muster wie die Agitation der AfD im Kreistag Görlitz zeigt sich auch im benachbarten Bautzen. Dort entschied der Kreistag kürzlich auf Antrag der AfD die Position des Ausländerbeauftragten abzuschaffen. Diese Entscheidung wurde von der Mehrheit der Kreistagsmitglieder unterstützt, was ihrer politischen Agenda Mut gibt und die Sorgen um den Schutz der Rechte von Minderheiten weiter anheizt.
In Dresden hingegen sieht das Sozialministerium die von Bautzen gefasste Beschlussfassung in einem anderen Licht. Der neueste Gesetzesentwurf zum Thema Integration und Teilhabe fordert einen hauptamtlichen Mitarbeiter, was die Reduktion öffentlicher Stellen in dieser Hinsicht rechtlich problematisch erscheinen lässt. Das Landratsamt verfolgt jedoch eine andere Interpretation des Gesetzes und erhält nun Prüfanfragen von der Landesdirektion. Diese rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Institutionen zeigen die Komplexität des Themas und die Herausforderungen, vor denen die sorbische Gemeinschaft steht.
Für die Vertreter der AfD sind diese Schritte Teil einer übergeordneten Strategie, und der unmittelbare Widerstand der Domowina zeigt, dass die Diskussion über die Rechte von Minderheiten in Deutschland weiterhin von intensiven politischen Spannungen begleitet wird. Die sorbische Minderheit, die seit Jahrhunderten in der Region verwurzelt ist, sieht sich daher in einer strategischen Defensive, die durch die bevorstehenden politischen Entwicklungen noch verstärkt werden könnte. Jede Veränderung an den Beauftragten-Stellen könnte also weitreichende Auswirkungen auf die Wahrnehmung und den Schutz der kulturellen Identität der Sorben haben.
Die Ereignisse im Görlitzer Kreistag und ihre möglichen Folgen zeigen, dass die politische Landschaft in Sachsen im Wandel begriffen ist. Dabei sind die Reaktionen der verschiedenen Akteure entscheidend für die künftige Gestaltung von Minderheitenrechten in der Region.
– NAG