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Neues Görlitzer Landratsamt: Das letzte Baugerüst ist weg
Der Landkreis will sämtliche Altbauten in der Berliner- und Salomonstraße bis Ende des Jahres beziehen. Landrat Meyer kritisiert den Denkmalschutz.
Die letzten Gerüste auf der Baustelle des Landratsamtes sind am Dienstag am Haus Berliner Straße 42 gefallen.
© Paul Glaser/glaserfotografie.de
Viele Passanten schlendern an diesem Dienstag die obere Berliner Straße so teilnahmslos entlang, wie sie das jeden Tag tun. Landrat Stephan Meyer und sein kompletter Tross hingegen haben die Augen nach oben gerichtet, auf die Fassade des Hauses Berliner Straße 42. Von allen Altbauten in der Berliner- und Salomonstraße, die für die Erweiterung des Landratsamtes in Görlitz saniert werden, war es das Letzte, das noch eingerüstet war.
So sah das Haus Berliner Straße 42 beim Aufbau des Gerüsts vor fast exakt drei Jahren aus.
© André Schulze
Am Dienstag aber wurde das Baugerüst abgebaut – und eine schicke, reich verzierte, denkmalgerecht sanierte Fassade kam zum Vorschein. Das ist durchaus ein Grund zur Freude, denn die Fassaden der Nachbarhäuser Berliner Straße 39 bis 41 wurden zwar auch denkmalgerecht saniert, aber sie haben ihren kompletten Stuck bereits in den 1950er Jahren verloren.
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Und in der Salomonstraße 13/14 ist sämtlicher Fassadenschmuck während der jetzigen Sanierung verschwunden. Die Häuser sollen von der Denkmalliste genommen werden. Deshalb prüfte das Landratsamt überhaupt nicht, die attraktiven Fassaden zu erhalten, sondern entschloss sich dazu, sämtlichen Stuck, aber auch massive Bauteile wie Simse und Fenstersohlbänke, abzuschlagen und die vorher in gutem Zustand befindlichen Fassaden vollkommen zu entstellen. Das sorgte in der Bevölkerung für einen Riesen-Aufschrei. Der aber brachte bei den Behörden kein Umdenken: Die beiden Fassaden bleiben so schmucklos, wie sie jetzt sind.
Der Görlitzer OB Octavian Ursu (links) und Landrat Stephan Meyer sehen sich im neuen Veranstaltungssaal um.
© Paul Glaser/glaserfotografie.de
Umso stolzer zeigte sich Landrat Meyer am Dienstag mit Blick auf die Berliner Straße 42: „Hier passiert Stadtentwicklung mit öffentlichem Geld.“ Die Häuserzeile in der Berliner Straße würde kein privater Bauherr anfassen, ist Meyer überzeugt: „Insofern ist das eine sinnvolle Verwendung von Steuergeldern, eine definitive Aufwertung der Berliner Straße.“ Auch der Görlitzer OB Octavian Ursu lobt die Investition: „Wir profitieren als Stadt davon, dass sich der Landkreis entschlossen hat, hier etwas zu machen.“ Die sanierte Fassade „sieht auch gut aus“, sagt Ursu.
Was man nicht sieht: Nur die Fassade und das Treppenhaus der Berliner Straße 42 sind bei der Sanierung erhalten geblieben, der Rest des Gebäudes ist komplett neu – inklusive der modernen Hoffassade. Hintergrund: Das Haus war vorher eine Ruine, man konnte vom Parterre bis ins Dachgeschoss durchblicken.
Im Durchgang zum Hof gibt es frisch sanierte Decken- und Wandmalereien.
© Paul Glaser/glaserfotografie.de
Im Hofdurchgang haben Restauratoren vier Monate damit zugebracht, erst während der Bauphase entdeckte Decken- und Wandmalereien zu konservieren und wiederherzustellen. „Die Deckenmalereien stammen aus der Bauzeit des Hauses, also von 1873“, sagt Restaurator Rayk Grieger. Die Wandmalereien hingegen seien wohl 1898 hinzugekommen. Jetzt müssen noch die Wandnischen im Durchgang verputzt und gestrichen werden. In den Nischen waren vor 100 Jahren Vitrinen des damals hier ansässigen Möbelhauses Krebs untergebracht. Künftig sollen die Nischen aber leer bleiben – es sei denn, das Landratsamt entwickelt noch eine Nutzungsidee.
Jeder Görlitzer kann sich künftig den ganzen Tag lang die Nischen, Wand- und Deckenmalereien ansehen: Der Hofdurchgang wird zum öffentlichen Durchgang zwischen Berliner- und Salomonstraße. Er wird zu den Öffnungszeiten des Landratsamtes offen sein, nachts und am Wochenende aber verschlossen. Auch im Treppenhaus gibt es sanierte Malereien und auch diese bleiben sichtbar – für alle, die das Treppenhaus nutzen, beispielsweise als Besucher einer Behörde oder Veranstaltung.
Die Decke zwischen Parterre und erstem Obergeschoss indes fehlt dauerhaft: Im Parterre entsteht gerade ein Saal, der für Kreistagssitzungen und andere Veranstaltungen genutzt werden soll. Bis zu 199 Menschen dürfen sich gleichzeitig darin aufhalten. Während die Kreisräte unten sitzen, soll das Publikum von den „Rängen“ im ersten Stock zuschauen können. „Wenn alles gut geht, wird die Kreistagssitzung im Dezember bereits in diesem Saal stattfinden“, sagt Thomas Gampe, der erste Beigeordnete des Landrates.
Der neue Saal reicht über Parterre und ersten Stock. Die Fensterfront zum Hof ist modern gestaltet.
© Paul Glaser/glaserfotografie.de
Auch sonst will der Kreis sämtliche sanierten Altbauten in der Berliner- und Salomonstraße bis Ende des Jahres beziehen, sagt Gampe: „Wir liegen im aktuellen Zeitplan.“ Auch bei den Kosten gibt es nun keine weiteren Steigerungen mehr: Altbauten, zwei Neubauten im Hof und Tiefgarage kosten insgesamt 71 Millionen Euro, darunter 12,5 Millionen Euro Eigenmittel des Landkreises, erklärt Gampe.
Sein Chef, Landrat Meyer, ist trotzdem nicht rundum zufrieden. Stattdessen übt er Kritik am Denkmalschutz: Die Untere Denkmalschutzbehörde der Stadt Görlitz hat verboten, auf den schrägen Dächern der Salomonstraße 10 bis 12 Photovoltaik zu installieren – und das, obwohl es bei den Nachbarhäusern 13 und 14 erlaubt ist. Hintergrund: Die 10 bis 12 steht unter Denkmalschutz, die 13 und 14 nicht mehr. Meyer wünscht sich vom Denkmalschutz mehr Flexibilität – zumal es Dächer im Innenhof sind und nicht an der Straßenseite.
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