Eine bedeutende historische Überlieferung ist nun Teil des Bautzener Archivverbunds geworden. Die Mättigstiftung hat dem Stadtarchiv und dem Staatsfilialarchiv Bautzen neun originale Rechnungsbücher übergeben, die aus der Zeit Ende des 19. Jahrhunderts stammen. Diese Rechnungsbücher gehören ursprünglich zur Stiftung des Bautzener Riemermeisters Johann Georg Schlemmer, der im Jahr 1873 ohne Nachkommen starb. Schlemmer hinterließ testamentarisch eine beträchtliche Geldsumme für karitative Zwecke in Bautzen.
Im Leben von Johann Georg Schlemmer waren bereits bedeutende Wohltaten zu verzeichnen. So spendete er vor seinem Tod 337 Mark zur Unterstützung der Kinderarbeitsanstalt. In seinem Testament ließ er umfangreiche Stiftungen für wohltätige Zwecke verankern. Im Jahr 1867 betrug das Vermögen der Schlemmerschen Stiftung mehr als 3.400 Mark, dessen Zinsen jährlich an die ärmsten Tagelöhner der Stadt gegangen sind. Dabei sollte die Hilfe unabhängig von Religion oder Herkunft gewährt werden und umfasste Hilfen für Feldarbeiter, Holzarbeiter und zahlreiche alte oder verunglückte Handwerker.
Vorgaben für die Verteilung der Gelder
Schlemmer stellte jedoch klare Ausschlusskriterien auf, die bedeuteten, dass bestimmte Personengruppen von der Hilfe ausgeschlossen wurden. Pensionierte Beamte, Musiker und Personen, die durch eigenes Verschulden verarmt waren, konnten keinen Anspruch auf die Unterstützung erheben. Die Verteilung der Gelder fand traditionell am Weihnachtsabend statt.
Im Jahr 1915 wuchs das Vermögen der Stiftung auf über 15.000 Mark an. Hierbei wurde nicht nur Hilfe für alte und kranke Personen vorgesehen, sondern auch die Unterstützung von Einrichtungen wie dem Stadtkrankenhaus und anderen sozialen Einrichtungen, die für die Gemeinschaft wichtig waren.
Die Leiterin des Archivverbundes, Grit Richter-Laugwitz, äußerte sich erfreut über die Schenkung der Mättigstiftung: „Die Rechnungsbücher geben uns wertvolle Einblicke in das Stadtgeschehen des Endes des 19. Jahrhunderts und zeigen, wie mildtätige Zwecke damals bereits der Stadtgesellschaft zugutekamen.“ Die feierliche Übergabe der Bücher fand am 21. September 2024 im Ratssaal des Rathauses statt, wobei Oberbürgermeister Karsten Vogt als Mitglied des Stiftungsrates die Unterlagen in Empfang nahm, übergeben durch den Vorsitzenden der Stiftung, Dr. Uwe Koch.
Ein Blick auf die Entwicklungen Bautzens während des späten 19. Jahrhunderts zeigt, dass die Stadt sich zu dieser Zeit stark veränderte. 1868 wurde die Stadt offiziell von Budissin in Bautzen umbenannt. In den folgenden Jahren gab es bedeutende Fortschritte im Bildungsbereich mit der Einrichtung einer deutschen Schulsternwarte. Zu den Stadtereignissen jener Zeit gehören auch der Bau neuer Kirchen und kultureller Einrichtungen, die bis heute in Erinnerung bleiben.
Insgesamt spiegelt die Schenkung der Mättigstiftung nicht nur die Geschichte Bautzens wider, sondern auch das Engagement für die Gemeinschaft und die verschiedenen sozialen Projekte, die bis in die heutige Zeit Auswirkungen haben. Diese stetige Weitergabe und Bewahrung von historischem Wissen ist entscheidend für die Identität einer Stadt und verleiht ihrer Geschichte einen bleibenden Wert. Weitere Details zu diesem Thema finden sich in einem ausführlichen Bericht auf www.bautzen.de.