Der 80-jährige Friedrich Schorlemmer, der als Theologe, Publizist und Bürgerrechtler bekannt war, ist am Montag nach langer Krankheit in einem Berliner Pflegeheim verstorben. Schorlemmer wurde am 16. Mai 1944 in Wittenberge geboren und prägte die Bürgerrechtsbewegung in der ehemaligen DDR entscheidend mit. Er war ein unbequemer Geist, der sich nie scheute, die herrschenden Verhältnisse zu hinterfragen und für soziale Gerechtigkeit einzutreten.
Eine seiner erinnerungswürdigsten Aktionen fand am 24. September 1983 auf dem evangelischen Kirchentag in Wittenberg statt, wo er mit etwa 600 anderen Menschen symbolisch ein Schwert zu einer Pflugschar umschmieden ließ. Diese Handlung sollte den sehnlichen Wunsch nach Frieden und den Willen zur Entmilitarisierung ausdrücken. Sie wurde zum Wahrzeichen der Friedensbewegung in der DDR.
Ein Leben im Widerstand
Schorlemmer, der als Sohn eines evangelischen Pfarrers aufwuchs, war bekannt für seine pazifistische Haltung, die ihn dazu brachte, den Wehrdienst zu verweigern. Zudem musste er – wie viele andere Pfarrerskinder – sein Abitur an einer Volkshochschule ablegen. Das Studium der Theologie absolvierte er schließlich in Halle. In Wittenberg engagierte er sich in einer oppositionellen Gruppe, die als Wittenberger Friedenskreis bekannt wurde, und stellte 1988 die „20 Wittenberger Thesen“ auf, die Forderungen nach freien Wahlen und Reisefreiheit enthielten.
Sein Engagement kulminierte im Herbst 1989, als er als Redner an der großen Demonstration auf dem Berliner Alexanderplatz sprach. Nach der Revolution engagierte er sich in der Partei „Demokratischer Aufbruch“. Seine grundsätzliche Haltung blieb jedoch unangepasst: Er trat aus der Partei aus, als diese sich zunehmend der CDU annäherte, und schloss sich der SPD an, um seiner kritischen Meinung Ausdruck zu verleihen, die sich gegen eine rasche Wiedervereinigung richtete.
Schorlemmer war für seine Verdienste vielfach ausgezeichnet worden, darunter mit der Carl-von-Ossietzky-Medaille und dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Dennoch blieb er in höhere politische Ämter nicht aufgestiegen. Von 1990 bis 1994 war er Vorsitzender der SPD-Fraktion im Wittenberger Stadtparlament und war zuvor als Studienleiter an der Evangelischen Akademie Wittenberg tätig.
Eine besondere Verbindung hatte er mit Eckhard Naumann, einem weiteren bedeutenden politischen Akteur, der ebenfalls für die SPD tätig war. Naumann beschreibt Schorlemmer als kritischen und theologischen Beobachter, der die gesellschaftlichen Entwicklungen aus einer links-protestantischen Perspektive betrachtete. Schorlemmer blieb sogar nach der Wende ein streitbarer Geist, der immer wieder an die Rehabilitierung der ehemaligen SED appellierte und für die Vernichtung der Stasi-Akten plädierte, was ihm einige Kritik von anderen Bürgerrechtlern einbrachte.
In seinen letzten Lebensjahren litt Schorlemmer an Demenz und Parkinson und konnte sich nicht mehr öffentlich äußern. Er verbrachte die letzten Monate seines Lebens in einem Pflegeheim in Berlin, wo er im Schatten seines bemerkenswerten Lebens still und leise verstarb. Sein Erbe jedoch, insbesondere die Botschaft von Frieden und sozialer Gerechtigkeit, bleibt bestehen und inspiriert weiterhin viele, die sich für Menschenrechte und Demokratie einsetzen.
Friedrich Schorlemers Einfluss auf die Bürgerrechtsbewegung war unermesslich, und sein Leben steht beispielhaft für den Einsatz für Frieden und soziale Gerechtigkeit in schwierigen Zeiten der Geschichte Deutschlands. Weitere Informationen zu seinem Leben und Wirken sind zu finden hier.