Ein bedeutender archäologischer Fund aus dem 12. und 13. Jahrhundert wurde kürzlich bei Allstedt im Landkreis Mansfeld-Südharz entdeckt. Die Überreste der Mallerbacher Wallfahrtskapelle sind von großer geschichtlicher Relevanz und wurden im Zusammenhang mit dem 500-jährigen Jubiläum des Bauernkriegs ausgegraben. Landesarchäologe Harald Meller bestätigte, dass dieser Ort eine zentrale Rolle im Geschichtsverständnis der Region spielt. Die Kapelle war einst ein Wallfahrtsort, an dem ein Marienbild verehrt wurde, das laut Legende Tränen aus Salz weinte.
Der Sakralbau wurde 1524 von aufgebrachten Bürgern aus Allstedt geplündert und in Brand gesteckt, was dazu führte, dass der Ort und seine Geschichte über Jahrhunderte in Vergessenheit gerieten. „Die Zerstörung der Kapelle stellt einen bedeutsamen Anfangspunkt für die Bauernunruhen vor 500 Jahren dar. Nun eröffnen sich durch die archäologischen Befunde neue Perspektiven für die Forschung“, erklärte der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff (CDU).
Details zur Kapelle
Bei den Ausgrabungen konnte der gesamte Grundriss der Kapelle freigelegt werden. Die Reste zeigen, dass es sich um eine relativ kleine Saalkirche handelte, die etwa 17 Meter lang war. Sie verfügte über einen rechteckigen Chor und eine halbrunde Apsis. Diese Kapelle war ursprünglich das Zentrum des Dorfes Mallerbach, das im Spätmittelalter aufgegeben wurde. Projektleiter Felix Biermann vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie gab an, dass ein Altarfundament und Spuren des Brandes im Innenraum sichtbar sind. Überreste von Dachziegeln, verkohlten Hölzern und Münzen zeugen vom Wallfahrtsgeschehen im 15. und frühen 16. Jahrhundert.
Besonders bemerkenswert sind die Funde, die darauf hindeuten, dass die Zerstörung der Kapelle nicht nur ein lokales Ereignis war, sondern auch im Kontext der damaligen sozialen und religiösen Unruhen betrachtet werden muss. Der Einfluss von Thomas Müntzer, einem prominenten Reformator, der in Allstedt predigte, wird als entscheidend für die Geschehnisse angesehen. Müntzers Lehren forderten eine tiefgreifende Reform der Kirche und des gesellschaftlichen Lebens, was die Bewohner dazu bewegte, sich gegen die bestehenden Autoritäten zu wenden.
Die Grabanlagen dauern noch bis zum 20. September und sind Teil des Gedenkjahres „Gerechtigkeit. Thomas Müntzer & 500 Jahre Bauernkrieg“. Diese Initiative umfasst nicht nur die Ausgrabungen der Mallerbacher Kapelle, sondern auch die Arbeiten am ehemaligen Kloster Kaltenborn bei Emseloh, die im letzten Jahr stattfanden. Die Funde aus beiden Grabungen werden ab Sommer 2025 in einer dezentralen Landesausstellung mit dem Titel „Gerechtigkeit 1525“ präsentiert. Neben dem Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle sollen auch Exponate im Spengler-Museum in Sangerhausen sowie im Harzmuseum in Wernigerode ausgestellt werden.
Ein weiteres bedeutendes Element der Entdeckung ist die Weigerung des Rates der Stadt Allstedt, die Verantwortlichen für die Zerstörung der Kapelle zur Rechenschaft zu ziehen. In einem Schreiben an Herzog Johann von Sachsen wurde die Tat damit gerechtfertigt, dass in der Kapelle „der Teufel zu Mallerbach unter dem Namen Maria“ angebetet wurde. Diese Rechtfertigung ist erkennbar von Müntzers Lehren beeinflusst und zeigt, wie tiefgreifend die religiösen und sozialen Konflikte der damaligen Zeit waren.
Die laufenden Grabungen und die damit verbundenen Funde erweitern unser Verständnis der regionalen Geschichte erheblich. Durch die direkte Verbindung zwischen den archäologischen Entdeckungen und den widerständigen Bewegungen des Bauernkriegs wird deutlich, wie bedeutend dieser Ort für die historische Narrative ist. Die Wiederentdeckung der Mallerbacher Kapelle öffnet auch neue Fragen zur Rolle von Wallfahrtsorten in der Gesellschaft und dem Einfluss religiöser Bilder in turbulenten Zeiten.
Besucher und Interessierte haben somit die Gelegenheit, sich nicht nur durch die Ausstellungen, sondern auch durch die fortlaufenden Grabungsarbeiten ein Bild von der Historie zu machen. Für weitere Informationen und Details zu den laufenden Forschungen und geplanten Ausstellungen, siehe die aktuelle Berichterstattung auf www.welt.de.