Die Entdeckung der Kolonialgeschichte ist für viele Familien ein emotionales und aufschlussreiches Unterfangen. In diesem Kontext hat die Urenkelin Isa Scholtissek eine bedeutende Entdeckung gemacht, die nicht nur ihre eigene Familiengeschichte, sondern auch die komplexe Vergangenheit der deutschen Kolonie in Papua-Neuguinea beleuchtet.
Ein neues Licht auf die Kolonialzeit
Friedrich Hoffmann, Isas Urgroßvater, war ein Landwirt aus Dresden, der 1908 den Schritt wagte, seine Heimat hinter sich zu lassen. Als er in die Kolonie Deutsch-Neuguinea zog, war er erst 23 Jahre alt und begann ein neues Abenteuer in einem völlig fremden Land. Seine Erlebnisse hielt er in Tagebüchern fest, die nun Grundlage für das Buch „Tagebuch aus dem Bismarck-Archipel: Friedrich Hoffmann in der deutschen Kolonie Neuguinea 1908 bis 1921“ wurden, welches Isa zusammen mit einem Wissenschaftler verfasste.
Die Bedeutung der Aufzeichnungen
Die Aufzeichnungen von Hoffmann sind nicht nur persönliche Erinnerungen, sondern bieten auch einen Einblick in die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Kolonie. In seinen Tagebüchern beschreibt er die tropische Natur, die Kultur der indigenen Bevölkerung und die Herausforderungen, die mit dem Leben in einer Kolonie verbunden waren. Auch wenn die Originale durch Termiten stark beschädigt wurden, bleiben die Erinnerungen und Beobachtungen seiner Zeit lebendig.
Die Reise in die Fußstapfen des Urgroßvaters
Vor viereinhalb Jahren nahm Isa Scholtissek an einer Reise nach Papua-Neuguinea teil, um die Orte zu erkunden, die Friedrich Hoffmann als sein „verlorenes Paradies“ bezeichnete. Diese Reise war für sie persönlich sehr bewegend. „Es war ein emotionaler Moment, tatsächlich mit eigenen Augen zu sehen, was mein Urgroßvater einst erlebt hat“, berichtet sie. Ihre Eindrücke aus der Gegenwart stehen im Kontrast zu den Beschreibungen Hoffmanns.
Die Herausforderungen der Kolonialgeschichte
Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass Friedrich Hoffmanns Aufzeichnungen keine kritischen Betrachtungen über die Taten seiner Zeitgenossen enthalten. Während es Berichte über Verbrechen deutscher Kolonialherren in Papua-Neuguinea gibt, ist unklar, inwieweit Hoffmann in solche Geschehnisse involviert war. Isa betont, dass die Perspektive ihrer Ahnen aus der damaligen Zeit eine andere war, da die Kolonialpolitik als normal angesehen wurde.
Ein Erbe für die Nachwelt
Die Gründung des Buches und die Aufarbeitung der Lebensgeschichte ihres Urgroßvaters sind für Isa Scholtissek eine Art von familiärem Erbe. „Ich bin froh, dass wir diese Tagebücher gerettet haben. Damit bleibt ein Stück Geschichte für zukünftige Generationen erhalten“, erklärt sie stolz. Diese Beschäftigung mit der eigenen Familiengeschichte zeigt, wie wichtig es ist, den Dialog über die Kolonialgeschichte und deren Auswirkungen auf die heutigen Gesellschaften fortzuführen.
Eine umfassende Sicht auf die Geschichte
Die Geschichte der Kolonie Deutsch-Neuguinea hält viele Lektionen bereit, die auch heute noch von Bedeutung sind. Die Erkenntnisse aus den Tagebüchern könnten nicht nur als historische Referenz dienen, sondern auch als Anstoß zu einer kritischeren Auseinandersetzung mit der Kolonialzeit und ihren Folgen für die ehemaligen Kolonien und deren Bewohner.
– NAG