Pflegerin zu sein ist besonders herausfordernd, vor allem wenn man ein neues Land betreten muss. Für Maureen und Thejus, zwei Cousinen aus Indien, war dies jedoch genau der Weg, den sie gewählt haben. Vor drei Jahren kamen die beiden nach Neustadt in die Pfalz, um ihre Ausbildung zur Pflegekraft bei der DRK-Schwesternschaft im Altenheim Rotkreuzstift zu beginnen. Ihre Reise zeigt, wie der Weg zur Pflegekraft in einem fremden Land voller Herausforderungen, aber auch voller Erfolge sein kann.
Die generalistische Ausbildung, die sie absolvieren, ist seit 2020 in Deutschland verfügbar und gestattet Absolventen, in allen Bereichen der Pflege in Europa zu arbeiten, ohne sich auf eine spezielle Sparte festzulegen. Das ist ein bedeutender Vorteil, eignet sich diese Ausbildung auch gut für den internationalen Pflegebedarf, der angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels immer dringlicher wird.
Maureen und Thejus: Ein Weg voller Hürden
Die Vorbereitungen auf ihren Umzug nach Deutschland waren alles andere als einfach. Die beiden Cousinen kannten sich zuvor nur flüchtig, hatten jedoch schnell erkennbare Hürden zu überwinden – beginnend bei ihrem ersten Flug. „Wir waren 18 und hatten noch nie Indien verlassen“, erklärt Maureen. Nach einem verspäteten Abflug aufgrund eines Unwetters landeten sie schließlich in einem völlig neuen Umfeld. Der Spracherwerb stellte sich als unerwartet schwierig heraus. Während sie in Indien gut vorbereitet waren und Deutsch gelernt hatten, erwies sich das Pfälzische als ganz eigene Herausforderung. „Das war schon sehr schwierig“, sagt Thejus und ergänzt, dass es oft anstrengend war, die unterschiedlichen Dialekte zu verstehen.
Doch trotz dieser Schwierigkeiten wurden die beiden bei ihren Aufgaben von den Altenheimbewohnern unterstützt. Nach und nach gewöhnten sich die beiden nicht nur an die Sprache, sondern auch an die kulturellen Unterschiede. „Wir haben nicht nur viel über die Sprache gelernt, sondern auch über das Leben hier. Die Bewohner sind wie unsere Großeltern für uns“, sagt Maureen. Diese emotionale Verbindung ist für sie ein wichtiger Aspekt ihrer Arbeit.
Warum Pflege in Deutschland?
Die Entscheidung, nach Deutschland zu kommen, wurde auch von pragmatischen Überlegungen beeinflusst. In Indien ist die Ausbildung zur Pflegekraft langwierig und teuer. „Es kostet viel Geld und man verdient später wenig“, weiß Thejus. Das führte letztlich dazu, dass die Eltern ihrer Cousine rieten, ins Ausland zu gehen. Thejus‘ Tante, die Krankenschwester in Deutschland ist, erzählte von den kostenfreien Ausbildungsmöglichkeiten und dem hohen Bedarf an Pflegekräften hier. Ihre Erzählungen machten den Entschluss, die Reise zu wagen, leichter.
Im Rotkreuzstift in Neustadt haben Maureen und Thejus nicht nur ihre Ausbildung erfolgreich absolviert, sondern auch ein familiäres Umfeld geschaffen, das sowohl den Bewohnern als auch ihnen selbst gut tut. Die beiden sind fest entschlossen, auch nach der Ausbildung im Altenheim zu bleiben. „Wir sind wie eine Familie hier“, bekräftigt Thejus und unterstreicht damit die engen Bindungen, die sie in den letzten Jahren aufgebaut haben.
Kulturelle Unterschiede und ihre Herausforderungen
Die kulturelle Anpassung in ein neues Land bringt immer Herausforderungen mit sich, von der Sprache über soziale Normen bis hin zu Erwartungshaltungen. Für Maureen und Thejus war die Integration in das deutsche Gesundheitssystem auch eine Lektion in Geduld und Anpassungsfähigkeit. Sie haben nicht nur an ihrem Dialekt gearbeitet, sondern nehmen auch aktiv an kulturellen Angeboten und Veranstaltungen des Altenheims teil, um die Gemeinschaftsbindung zu stärken.
Ihnen ist bewusst, dass ihre Geschichte Teil eines größeren Bildes ist. Die Notwendigkeit, internationale Pflegekräfte zu gewinnen, ist aufgrund des Fachkräftemangels in der Altenpflege in Deutschland brisanter denn je. Maureen und Thejus zeigen, dass die Integration von internationalen Arbeitskräften nicht nur möglich ist, sondern auch eine Quelle der Inspiration für alle Beteiligten sein kann.
Persönliche Erfüllung und berufliche Perspektiven
Der Alltag im Altenheim bringt nicht nur Herausforderungen, sondern auch unzählige unbezahlbare Momente. Maureen und Thejus berichten von den kleinen Dingen, die ihren Arbeitstag erhellen, von den Lächeln der Bewohner bis zu den tiefgründigen Gesprächen, die sie während ihrer Schichten führen. Es ist die kleine Gemeinschaft, die sie in Neustadt geschaffen haben, welche die harte Arbeit und den Lernprozess so lohnenswert macht.
In einer Zeit, in der dem Bereich der Altenpflege besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird, stehen Maureen und Thejus für ein positives Beispiel internationaler Zusammenarbeit und für das Potenzial, das in einer vielfältigen Pflegegemeinschaft steckt. Sie möchten nicht nur ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen, sondern tragen auch zu einem stärkeren und empathischeren Pflegeumfeld bei.
Der Ausbildungsweg zur Pflegekraft in Deutschland
Die Ausbildung zur Pflegekraft in Deutschland gliedert sich in verschiedene Phasen. Zunächst absolvieren die Auszubildenden eine sogenannte generalistische Ausbildung, die alle Bereiche der Pflege umfasst, inklusive der Altenpflege, der Gesundheits- und Krankenpflege sowie der Kinderkrankenpflege. Seit der Reform im Jahr 2020 sind alle neuen Pflegekräfte nach diesem Modell ausgebildet, was es ihnen ermöglicht, in unterschiedlichen Settings zu arbeiten. Dies schafft eine flexible und vielseitige Arbeitskraft innerhalb des Pflegesystems.
Zudem ist die Ausbildung praktisch orientiert, was bedeutet, dass die Auszubildenden viel Zeit in der praktischen Arbeit verbringen. In den meisten Ausbildungsstätten, darunter auch der DRK-Schwesternschaft, sind praktische Einsätze in Altenheimen, Krankenhäusern und anderen Einrichtungen Pflicht. Diese praxisnahe Ausbildung ermöglicht es den zukünftigen Pflegekräften, ihre Fähigkeiten direkt in realen Pflege-Situationen zu erproben und zu vertiefen.
Der Fachkräftemangel in der Pflegebranche
Der Fachkräftemangel in der Pflegebranche in Deutschland ist ein dringendes Problem. Laut dem *Gesundheitsberichterstattung des Bundes* fehlten im Jahr 2022 rund 50.000 Fachkräfte in der Altenpflege. Diese Zahlen zeigen, wie wichtig es ist, junge Menschen wie Maureen und Thejus für den Beruf zu gewinnen. Die steigende Zahl älterer Menschen in der Gesellschaft, gepaart mit einem mangelnden Zustrom an neuen Pflegekräften, verstärkt diesen Mangel zusätzlich.
Um den Fachkräftemangel zu bekämpfen, setzen viele Einrichtungen auf internationale Rekrutierung, um Pflegekräfte aus dem Ausland zu gewinnen. Dies geschieht beispielsweise durch gezielte Informationskampagnen und die Vereinfachung der Anerkennung ausländischer Abschlüsse. Solche Maßnahmen sind entscheidend, um ausreichendes Personal zu finden und die Pflegequalität in Deutschland aufrechtzuerhalten.
Kulturelle Integration und Sprachbarrieren
Die Integration internationaler Pflegekräfte in die deutsche Gesellschaft und das Pflege-System ist eine der größten Herausforderungen. Neben den sprachlichen Schwierigkeiten spielen auch kulturelle Unterschiede eine Rolle. Maureen und Thejus haben durch ihren Aufenthalt in Deutschland nicht nur die deutsche Sprache, sondern auch viele kulturelle Aspekte des Lebens und Arbeitens in Deutschland kennengelernt. Ein Perspektivwechsel ist notwendig, um Brücken zwischen verschiedenen Kulturen zu bauen und ein Verständnis für die Gepflogenheiten der Senioren zu entwickeln.
Ein Beispiel dafür ist der Umgang mit Trauer und Verlust, der in verschiedenen Kulturen unterschiedlich wahrgenommen und behandelt wird. Pflegekräfte, die mit älteren Menschen arbeiten, müssen sensibilisiert sein, um empathisch auf die emotionalen Bedürfnisse ihrer Patienten einzugehen.
Positive Auswirkungen von Pflegekräften mit Migrationshintergrund
Studien zeigen, dass Pflegekräfte mit Migrationshintergrund einen wertvollen Beitrag zur Pflege leisten können. Sie bringen oft vielfältige Erfahrungen und Perspektiven mit, die das Pflegepersonal bereichern und die Betreuung der Senioren verbessern können. Durch ihre eigene kulturelle Identität können sie auch den interkulturellen Austausch fördern, was besonders in der Altenpflege, wo viele Bewohner vielfältige Lebensgeschichten haben, von Bedeutung ist.
Zusätzlich kann die Integration internationaler Pflegekräfte dazu beitragen, das Bild der Pflegeberufe in der Gesellschaft zu verändern. Indem mehr Menschen aus verschiedenen Herkunftsländern in dieser Branche aktiv werden, wird die Pflege professioneller und attraktiver für zukünftige Generationen.
– NAG