Im ersten Halbjahr 2024 haben mehr als 81.000 Beschäftigte in Niederösterreich die Unterstützung der Arbeiterkammer (AK) in Anspruch genommen. Besonders auffällig ist die Zahl von 12.258 Menschen, die sich allein in der Bezirksstelle Wiener Neustadt beraten ließen. Dies zeigt, wie wichtig die Rolle der AK in der Region ist, insbesondere wenn es um arbeitsrechtliche Fragen geht.
Von den insgesamt 8.900 Fällen, in denen die AK aktiv werden musste und oft sogar vor Gericht zog, können beachtliche 45,8 Millionen Euro an Entschädigungen für die betroffenen Arbeitnehmer gesichert werden. AK-Vizepräsident Horst Pammer zieht eine klare Bilanz: Die Unterstützung durch die Arbeiterkammer ist in einer Zeit, in der sich viele Menschen mit komplexen arbeitsrechtlichen Fragestellungen konfrontiert sehen, unerlässlich.
Häufige Probleme der Arbeitnehmer
Zu den häufigsten Anliegen zählen unbezahlte Überstunden sowie komplizierte Regelungen hinsichtlich Schwerarbeits- und Invaliditätspensionen. Diese Problematik wird oft von individuellen rechtlichen Auslegungen erschwert, was zu unverständlichen Entscheidungen führt. Pammer merkt an, dass vor allem Arbeitnehmer im Gesundheits-, Pflege- und Betreuungssektor besonders betroffen sind, da hier der Zugang zur Schwerarbeitspension oft problematisch gestaltet ist. Die Anhebung des Frauenpensionsalters war zudem ein weiterer Punkt, den Pammer kritisiert, da er vor allem Frauen in diesen Berufen benachteiligt sieht.
Ein zusätzliches Augenmerk galt den Überstunden: „Eine von vier Überstunden wird in Österreich nicht vergütet“, erklärt Pammer weiter. Insbesondere im Handel und in der Gastronomie sind Angestellte direkt betroffen und suchen Hilfe bei der AK oder den Gewerkschaften.
Die Bezirksstelle in Wiener Neustadt hat in den ersten sechs Monaten des Jahres nicht nur Anfragen zu allgemeinen Informationen behandelt, sondern auch intensivere Beratungen übernommen. Von den 12.258 Kontakten benötigten 6.396 Menschen weiterführende Hilfe, was die Komplexität der angesprochenen Themen unterstreicht.
Beispiel eines erfolgreichen Falls
Gerald Pahr, der Leiter der Bezirksstelle, führt ein konkretes Beispiel an, um die Wirksamkeit der Beratungen zu verdeutlichen. Ein 58-jähriger Mechatroniker stellte Ungereimtheiten bei seiner Endabrechnung fest, die nach einer einvernehmlichen Auflösung seines Arbeitsverhältnisses auftraten. Nachdem die AK intervenierte, konnten letztlich 1.448 Euro für 106 Überstunden erfolgreich eingefordert werden. Dieses Beispiel zeigt, wie essenziell rechtliche Unterstützung in solchen Fällen sein kann.
Um den Arbeitnehmern in der Region eine hilfsbereite Anlaufstelle zu bieten, betont Pammer, wie wichtig es ist, alles gut zu dokumentieren. Die Arbeiterkammer stellt dafür hilfreiche Werkzeuge zur Verfügung, einschließlich einer kostenlosen App namens „Zeitspeicher“, die die Erfassung von Arbeitszeiten erleichtert.
Zusätzlich besteht die Möglichkeit, in jedem Bezirk persönlich bei Fragen vorzusprechen. „Lieber einmal zu viel nachfragen, als gar nicht“, lautet die Devise der AK-Vertreter. Es gibt auch spezielle Außenstellen, die eine barrierefreie Beratung ermöglichen und bei Veranstaltungen wie Gesundheitsmessen oder kulturellen Events vertreten sind.