KOBLENZ. Die anhaltende Auseinandersetzung um die Flutkatastrophe im Ahrtal nimmt neue Wendungen. Hinterbliebene der Opfer rufen den neu eingesetzten Ministerpräsidenten Alexander Schweitzer (SPD) auf, sich aktiv in den bereits seit längerem schwelenden Fall einzubringen. Sie wünschen sich Klarheit und vor allem eine rechtsstaatliche Aufarbeitung der Geschehnisse rund um die tragische Flut, die im Juli 2021 viele Leben kostete und eine Vielzahl von Familien zerstörte.
Christian Hecken, der rechtliche Vertreter mehrerer Hinterbliebener, darunter die Familie Orth, deren Tochter Johanna bei der Flut ums Leben kam, fordert von Schweitzer einen entschlossenen Einsatz. Bis zum 25. Oktober soll der Ministerpräsident Einfluss nehmen, um sicherzustellen, dass diese schweren Vorwürfe und die damit verbundenen Schicksale nicht in Vergessenheit geraten. Hecken betont, dass es dringend notwendig sei, klarzustellen, dass die Justiz hier gemäß den gesetzlichen Vorgaben handeln muss. „Es kann nicht sein, dass es zu einem Chaos kommt und die Hinterbliebenen im Regen stehen gelassen werden“, sagt er in einem deutlichen Appell.
Ermittlungen müssen neu betrachtet werden
Ein zentrales Anliegen der Hinterbliebenen ist die Wiederaufnahme der Ermittlungen. Diese wurden von der Staatsanwaltschaft Koblenz nach der Feststellung eingestellt, dass die Flut eine außergewöhnliche Naturkatastrophe war, die nicht vorhersehbar gewesen sei. Hierbei gab es insgesamt 135 Todesfälle, deren Umstände nun erneut unter die Lupe genommen werden sollen. Hecken weist darauf hin, dass es einen „methodischen Fehler“ gegeben habe, indem alle 135 Fälle pauschal behandelt wurden. „Jeder Fall muss einzeln und detailliert betrachtet werden“, so Hecken weiter.
Ein wichtiger Punkt in der Diskussion ist auch die Frage der Warnungen vor der Katastrophe. Hydrologe Erwin Zehe vom Karlsruher Institut für Technologie sprach sich gegen die Entscheidung der Staatsanwaltschaft aus und erklärte, dass Prognosen bereits vor dem verheerenden Regenfalleinwirkungen auf die Lage hingewiesen haben. „Die Katastrophe hätte bereits ab 14.22 Uhr absehbar sein müssen“, so Zehe und fragte sich, warum diese Informationen nicht rechtzeitig kommuniziert wurden. Laut Hecken sei es offensichtlich, dass viele Todesopfer hätte vermieden werden können, wenn rechtzeitige Warnungen erfolgt wären.
Die Familien, die ihre Lieben verloren haben, sind entschlossen, trotz der Schwierigkeiten, die die Justiz bisher in den Weg gelegt hat, für ihre Rechte und die Wahrheit zu kämpfen. Ralph Orth, ein weiterer Betrübter, der seine Tochter durch die Flut verlor, erklärt: „Es ist notwendig, dass dieser Fall vor Gericht kommt.“ Er fühlt sich von der Staatsanwaltschaft, die die Ermittlungen einstellte, ungerecht behandelt, da diese die Notwendigkeit eines öffentlichen Verfahrens negiert, was den Opfern und ihren Familien jegliche Transparenz in diesem mühsamen Prozess verwehre.
Während sich der neue Ministerpräsident Schweitzer in die Thematik einarbeiten muss, bleibt abzuwarten, welche Konsequenzen diese eindringlichen Appelle und der steigende Druck auf die Justiz haben werden. Die Hinterbliebenen hoffen auf eine umfassende Prüfung und gerechte Nachverfolgung der Geschehnisse der Flutkatastrophe, die als Wendepunkt in ihrer Realität angesehen wird.
Für weitere Informationen um die Entwicklungen rund um die Flutkatastrophe und die laufenden Diskussionen über die Wiederaufnahme der Ermittlungen, siehe die aktuelle Berichterstattung auf lokalo.de.