Inmitten der herrschenden Sorgen über die Wahrscheinlichkeit terroristischer Angriffe in Deutschland warnt der Terrorismusforscher Peter Neumann vor übertriebenen Ängsten. In einem Interview mit den ARD-Tagesthemen betont er, dass es entscheidend ist, der Terrorgefahr mit einer rationalen Haltung zu begegnen. „Wenn man sich von der Angst leiten lässt, dann gewinnen die Terroristen“, erklärt Neumann. Er unterstreicht, dass der grundlegende Zweck des Terrorismus die Einschüchterung von Gesellschaften und Einzelpersonen ist.
Die Wahrscheinlichkeit, bei einem terroristischen Vorfall zu sterben, ist laut Neumann nach wie vor extrem gering. „Es gibt viele alltägliche Bedrohungen, die weitaus gefährlicher sind“, so der Forscher, der am King’s College in London lehrt. Trotz der schwerwiegenden Konsequenzen und Ängste, die mit Terroranschlägen einhergehen, ermutigt er zur rationalen Auseinandersetzung mit dem Thema.
Aktuelle Vorfälle in Deutschland
Die Relativierung der Bedrohung könnte angesichts jüngster Vorfälle in Deutschland umso wichtiger erscheinen. Am Donnerstag wurde ein 18-jähriger Österreicher, der das israelische Generalkonsulat in München mit einem Schusswaffe attackierte, von der Polizei erschossen. Die Ermittler verfolgen Hinweise auf ein möglicherweise islamistisches oder antisemitisches Motiv hinter dem Angriff. Darüber hinaus kam es im Norden von Rheinland-Pfalz zu einem Übergriff auf eine Polizeiwache, bei dem ein mutmaßlicher Islamist mit einer Machete und einem Messer bewaffnet war, doch er konnte zügig von Spezialkräften überwältigt werden.
Ein besonders erschütternder Vorfall ereignete sich in Solingen. Am 23. August tötete ein Mann während eines Stadtfestes drei Menschen mit einem Messer und verletzte acht weitere. Der mutmaßliche Täter befindet sich derzeit in Untersuchungshaft. Diese Zwischenfälle verdeutlichen die Notwendigkeit, präventive Maßnahmen gegen Terrorismus zu verstärken. Neumann weist darauf hin, dass die Mehrzahl der Anschläge glücklicherweise verhindert wird.
Früherkennung und Prävention
Neumann hebt hervor, dass selbst Einzelpersonen, die sich selbst radikalisieren, meist nicht über Nacht zu Terroristen werden. Ihre Radikalisierung ist häufig ein Prozess, der Wochen oder Monate dauert, in dem es wichtig ist, „Signale“ frühzeitig zu erkennen. „Wir müssen uns darauf konzentrieren, diese Signale zu erfassen und die betroffenen Umgebung zu sensibilisieren“, fordert er. Ein besseres Verständnis der Risikogruppen, aus denen Terroristen oft hervorgehen, könnte entscheidend dazu beitragen, Anschläge zu verhindern.
Obwohl Neumann zugibt, dass es unmöglich ist, alle Anschläge zu verhindern, sieht er Verbesserungspotenzial bei der Quote der vereitelten Anschläge. Die ärztliche Empfehlung könnte nicht wichtiger sein: Ein rationaler Umgang mit den Sorgen über Terrorismus kann dazu beitragen, die Entscheidungsfindung in kritischen Situationen zu lenken und die Gesellschaft nicht von Ängsten leiten zu lassen.
– NAG