Die österreichisch-liechtensteinische Künstlerin Anne Marie Jehle, die von 1937 bis 2000 lebte, wird ab dem 9. November 2024 bis zum 9. März 2025 im Kunstmuseum St. Gallen mit einer umfassenden Ausstellung gewürdigt. Jehle, eine bedeutende Vertreterin der feministischen Avantgarde und der Fluxus-Bewegung, ist bekannt für ihre kritische Auseinandersetzung mit Gesellschaftsstrukturen, Machtverhältnissen sowie den Themen weibliche Identität und Rollenbilder.
Jehle erlangte in den 1970er-Jahren internationale Anerkennung und galt als Pionierin in der Transformation von Alltagsgegenständen und persönlichen Erfahrungen in Kunstwerke. Ihre Kunst ist nicht nur Ausdruck ihrer individuellen Sichtweise, sondern reflektiert auch die breitere Diskussion über Geschlecht und Selbstbestimmung in der Kunst, die bis heute relevant bleibt. Ihr Werk umfasst diverse Medien wie Malerei, Fotografie und Skulpturen.
Eine bedeutende Schenkung
Die anstehende Ausstellung im Kunstmuseum St. Gallen ist das Ergebnis einer Großzügigkeit der Anne Marie Jehle Stiftung, die 2021 eine bedeutende Sammlung von Jehles Arbeiten übergab. Unter den Leihgaben befinden sich herausragende Werke aus verschiedenen Sammlungen, darunter die des Kunstmuseums Liechtenstein sowie des Frauenmuseums Hittisau. Diese Leihgaben tragen dazu bei, das umfassende Schaffen einer Künstlerin zu präsentieren, die während ihrer aktiven Zeit in der Kunstwelt oft im Schatten blieb.
Die Ausstellung wird von dem renommierten Büro chezweitz | museale und urbane Szenografie aus Berlin konzipiert, welches dafür bekannt ist, innovative und ansprechende Ausstellungsräume zu schaffen. Unterstützt wird das Projekt von der H.E.M Stiftung in Vaduz, die wesentlich zur Realisierung beigetragen hat.
Zusätzlich zur Ausstellung wird auch eine Publikation im Verlag Scheidegger & Spiess in Zürich erschienen, die von verschiedenen Kunstexperten verfasst wurde. Die Beiträge bieten faszinierende Einblicke in die verschiedenen Facetten von Jehles Werk und beleuchten ihre künstlerische Philosophie umfassend.
Jehle begann ihre künstlerische Laufbahn 1965 und stellte ihre Werke oft in ihrem eigenen Zuhause in Feldkirch aus, das auch als Rückzugsort diente. Inmitten der Geschlechterdebatte ihrer Zeit nutzte sie ihre Kunst, um genderspezifische Machtstrukturen zu hinterfragen und zu kritisieren. Diese engagierte Auseinandersetzung mit feministischem Denken zeigt sich auch in ihrer Verbindung zu anderen bedeutenden Künstlerinnen wie Louise Bourgeois und Alina Szapocznikow, die ebenfalls zentrale Themen des Frauseins und der Identität in ihren Arbeiten behandelten.
Obwohl ihr Werk zu Lebzeiten häufig auf Unverständnis stieß, hat die Anne Marie Jehle Stiftung, die nach ihrem Tod gegründet wurde, darauf abgezielt, ihre Kunst zu erhalten und zu verbreiten. Eine erste Retrospektive fand 2003 statt, gefolgt von weiteren Ausstellungen, die Jehles unverwechselbaren Stil und ihr Erbe einem breiteren Publikum näherbrachten.
Das Kunstmuseum Liechtenstein hat bereits 2017 Werke von Jehle ausgestellt und besitzt den größten Anteil ihres Nachlasses. Ihre Heimatstadt Feldkirch ehrte sie 2009 mit einer Einzelausstellung, die ihrer Bedeutung für die moderne Kunst Rechnung trug.
Die bevorstehende Retrospektive im Kunstmuseum St. Gallen ist eine einzigartige Gelegenheit, die Vielfalt und Tiefe ihres künstlerischen Schaffens zu entdecken. Die Veranstaltung verspricht, nicht nur das Erbe dieser bemerkenswerten Künstlerin zu beleuchten, sondern auch eine Plattform für die anhaltende Diskussion über feministische Perspektiven in der Kunst zu bieten. Details zu dieser Ausstellung finden sich auf www.kabinett-online.de.