Tel Aviv (dpa) – In einem neuen und bedrückenden Kapitel des Konflikts im Gazastreifen hat die israelische Armee zahlreiche Leichen entdeckt. Gemäß der Mitteilung des Militärs sind die Truppen weiterhin im Einsatz und arbeiten an der Bergung sowie Identifizierung der gefundenen Körper. Das Verfahren könnte mehrere Stunden in Anspruch nehmen. Ob es sich bei den Leichen um hiesige Geiseln handelt, bleibt unklar.
Zunächst wurde eine Welle von Spekulationen über den Verbleib von Geiseln in sozialen Netzwerken entfacht, woraufhin die Armee die Öffentlichkeit um Zurückhaltung bei der Verbreitung solcher Gerüchte bat. Diese Unsicherheit wirft einen Schatten auf die ohnehin schon angespannten Beziehungen zwischen Israel und der islamistischen Hamas.
Proteste um Geiselnahme
Angesichts der wachsenden Wut der Bürger wiederholten Angehörige der Geiseln vor dem Hauptquartier der israelischen Armee ihre Vorwürfe. Sie behaupteten, dass Netanjahu und seine Kabinettskollegen absichtlich die Verhandlungen über eine Waffenruhe im Philadelphi-Korridor sabotiert hätten, wodurch sie die Geiseln wissentlich in Gefahr brächten. Die Schärfe dieser Angriffe reflektiert die tiefe Frustration und das Gefühl der Ohnmacht, das viele ihrer Angehörigen zurzeit empfinden.
Stillstand in den Verhandlungen
Obwohl die USA, Ägypten und Katar als Vermittler auftreten und Gespräche in Kairo führen, sind die Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas ins Stocken geraten. Ein zentraler Streitpunkt ist die künftige Präsenz israelischer Truppen im Gazastreifen, insbesondere im Philadelphi-Korridor an der Grenze zu Ägypten. Das israelische Sicherheitskabinett hat kürzlich beschlossen, diese Kontrolle aufrechtzuerhalten, was Befürchtungen weckt, dass dies die Rückkehr von Geiseln behindern könnte.
Verteidigungsminister Joav Galant äußerte Bedenken über die Strategie Netanjahus und warnte, dass das Festhalten an dieser Kontrolle die Verhandlungen zur Freilassung der Geiseln torpedieren könnte. Auch die Mutter einer Geisel bezeichnete die Entscheidung von Netanjahu als „Verbrechen gegen das Volk, gegen den Staat Israel und gegen den Zionismus“. Sie kritisierte das Bild, das Netanjahu von sich selbst als „Mister Sicherheit“ zeichnet, und bezeichnete ihn stattdessen als „Mister Tod“.
Der emotionale Druck auf die Führung Israels wächst, während Angehörige von Geiseln und Demonstranten zusammen auf eine Resolution hoffen. Die zunehmende Unruhe in der persönlichen Sphäre der Betroffenen könnte Auswirkungen auf die politischen Entscheidungen in Israel haben und die Komplexität des bereits angespannten Verhältnisses zwischen den Akteuren weiter erhöhen.
– NAG