In deutschen Schulen wird ein beunruhigender Anstieg von Gewalt unter Schülerinnen und Schülern festgestellt. Laut einer Umfrage der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), an der tausend Lehrkräfte teilnahmen, hat fast die Hälfte der Befragten von einem Anstieg körperlicher Übergriffe wie Schlägen und Tritten berichtet. Besonders alarmierend ist, dass 56 Prozent der Lehrer eine Zunahme von psychischer Gewalt, zu der auch Beleidigungen und Mobbing zählen, beobachtet haben.
Die Situation ist besorgniserregend: Ein Drittel der Lehrer sagte aus, dass sie im letzten Schuljahr mindestens einmal wöchentlich mit körperlicher Gewalt konfrontiert wurden, sei es während ihres Unterrichts oder in der Aufsicht von Pausen. Auch die psychische Aggression zeigt ein ähnliches Bild: Nahezu die Hälfte der Lehrer hat mindestens einmal pro Woche solche Vorfälle festgestellt. Diese Zahlen offenbaren das Ausmaß der Problematik, die in den Schulen allgegenwärtig ist.
Schüler berichten von persönlichen Erfahrungen
Der Schüler Aaron, der selbst Mobbing erfahren hat, erzählte dem WDR von einem einschneidenden Erlebnis: „Wir hatten einen Kiosk. Da stand ich in der Schlange und mir wurde von hinten die Hose zerrissen. Da habe ich gesagt: Das geht so nicht weiter.“ Solche persönlichen Erlebnisse verdeutlichen, wie sehr die Gewalt die Schulgemeinschaft belastet und die Schüler im Alltag beeinflusst.
Die Lehrkräfte führen die häuftigen Gewalttaten häufig auf persönliche Faktoren zurück. Rund 93 Prozent der Lehrer glauben, dass mangelnde Empathie und eine geringe Frustrationstoleranz eine tragende Rolle spielen. Zudem wird die Bedeutung familiärer Hintergründe nicht unterschätzt, da 78 Prozent der Lehrer annehmen, dass wenig Bindung an die Eltern und möglicherweise sogar Gewalt im Elternhaus zu diesen aggressiven Verhaltensweisen beitragen.
Interessanterweise gibt es Unterschiede zwischen den Schulformen: An Gymnasien wird sowohl psychische als auch körperliche Gewalt seltener beobachtet als an anderen Schularten. Schulleiterin Franka Christen von der Gesamtschule Hardt in Mönchengladbach fordert deshalb einen besseren Umgang miteinander. Sie erklärt: „Man kann auch Streit haben, man kann auch Stress haben, das ist auch normal. Man muss aber lernen, damit umzugehen.“ Ihr Ansatz hebt die Notwendigkeit hervor, Konfliktlösungsstrategien im Schulalltag zu vermitteln.
Zunahme von Unfällen in Schulen
Neben den Gewalttaten im direkten Kontakt zeigen die Daten der DGUV auch, dass es im vergangenen Jahr fast 65.000 Unfälle aufgrund von gewalttätigen Auseinandersetzungen unter Schülern gab. Solche Vorfälle, bei denen beispielsweise ein Schüler einen anderen anstößt und derjenige sich dabei verletzt, haben im Vergleich zum Vorjahr um etwa 20 Prozent zugenommen. Glücklicherweise sind schwere Verletzungen hingegen die Ausnahme. Die Statistiken werfen Fragen auf, wie Schulen präventiv gegen solche Auseinandersetzungen vorgehen können.
Trotz der besorgniserregenden Statistiken gibt es in den Schulen zahlreiche Ansätze zur Gewaltprävention. 84 Prozent der Lehrer gaben an, dass Gewaltprävention in ihrem Schulprogramm verankert ist. Es zeigt sich jedoch eine Kluft in der Nachsorge: Nur 41 Prozent berichten von einem strukturierten Nachsorgekonzept, das unter anderem Streitschlichtungen beinhaltet. Annette Michler-Hanneken, Leiterin des Fachbereichs Bildungseinrichtungen der DGUV, betont, dass Schulen durchaus aktiv gegen Gewalt vorgehen, jedoch auch Verbesserungspotenzial identifiziert wird.
Die vorliegenden Ergebnisse der Umfrage und Statistiken sind ein deutlicher Hinweis auf die aktuelle Situation an Schulen in Deutschland. Die Notwendigkeit, präventive Maßnahmen zu ergreifen und gleichzeitig den Umgang mit Konflikten zu fördern, ist unumstritten. Die Herausforderungen durch körperliche und psychische Aggression erfordern ein umfassendes Engagement von Lehrkräften, sozialen Einrichtungen und der gesamten Schulgemeinschaft. Für weitere Informationen, siehe die aktuelle Berichterstattung auf www1.wdr.de.