Die Ängste der Weidetierhalter in Deutschland wachsen, während sich der Wolf in den ländlichen Regionen zunehmend ausbreitet. In Welver, einem kleinen Ort, beschäftigt sich Alfred Kegel, ein 71-jähriger Schäfer, intensiv mit der Bedrohung, die durch die nahen Wolfssichtungen ausgeht. „Das Ganze macht mir schon Bauchschmerzen“, spricht Kegel über die Gefahr, die seine etwa 100 Schafe bedroht.
In den letzten Wochen gab es bestätigte Wolfssichtungen im nahegelegenen Hamm-Freiske, wo ein Wolf zwei Schafe gerissen hat. Dies geschieht nur zehn Kilometer von Kegels Schafstall entfernt und lässt ihn die schlimmsten Befürchtungen hegen. „Meine Existenz als Schafzüchter sehe ich durch den Wolf gefährdet“, erklärt er. Diese Situation ist nicht nur eine körperliche Bedrohung für die Tiere, sondern könnte auch seine wirtschaftliche Grundlage gefährden.
Psychische und wirtschaftliche Belastung
Kegel ist einer von vielen Landwirten, die die psychischen und wirtschaftlichen Folgen der Wolfsrisse fürchten. „Die Entschädigungszahlungen, die man erhält, sind nicht ausreichend, um die Kosten und den Stress zu decken“, erklärt er. Ein Wolfsübergriff könnte nicht nur ein Schaf kosten, sondern auch andere Tiere verletzen, was die dramatische Belastung für ihn verstärkt. „Wenn er in meinem Schafstall ist, will ich mir erst gar nicht vorstellen, was für ein Bild ich sehen werde, wenn ich nachschaue“, sagt Kegel und spricht von einem „Wolf im Blutrausch“. Diese Vorstellung belastet ihn enorm.
Die Sorge um den Verlust seiner Schafe bringt auch die Notwendigkeit zur Sprache, wie er seine Herde besser schützen kann. Bislang hat Kegel keine weiteren Schutzmaßnahmen ergriffen, da er glaubt, dass selbst hohe Zäune nichts nützen würden. „Der Bursche wird ja immer schlauer“, fügt er hinzu und stellt die Frage, wer die notwendigen Vorkehrungen in seiner Abwesenheit treffen sollte.
Ein Zielkonflikt für Weidetierhalter
Zusätzlich zu seiner Verantwortung als Schäfer muss Kegel sich auch mit der moralischen und sozialen Dimension des Wolfes auseinandersetzen, insbesondere im Hinblick auf die Jägerschaft. Jochen Nölle, der Leiter des Hegerings Schwefe, erklärt, dass ein gezieltes Jagen des Wolfes ohne gesellschaftlichen Konsens nicht in Frage kommt. „Der Wolf hat sich hier eine Nische geschaffen. Das wird immer problematischer“, warnt Nölle. Diese wachsende Wolfspopulation kann nicht nur zu mehr Übergriffen auf Nutztiere führen, sondern auch die Beziehung zwischen Mensch und Natur erschweren.
Die Konflikte zwischen Tierhaltern und dem Wolf sind nicht nur eine persönliche Angelegenheit von Kegel. Landwirte wie Frank Berns-Müller, der in Meyerich Schweine und Ferkel züchtet, teilen ähnliche Bedenken. „Es wird immer unrealistischer, seine Pferde nachts draußen zu lassen“, sagt er. Die naturnahe Tierhaltung steht auf dem Spiel, da die Weidetierhaltung mit unvorhersehbaren Herausforderungen konfrontiert ist.
Die Schaf- und Mutterkuhhaltung ist besonders gefährdet, da sie für den Wolf eine einfachere Beute darstellt. Berns-Müller sieht in der Möglichkeit, Zäune zu errichten, keine nachhaltige Lösung, da dies auch andere Wildtiere gefährden würde.
Die Lage bleibt angespannt. Mit einem durch zunehmende Wölfe bedrohten ländlichen Raum ist die Diskussion über die notwendigen Maßnahmen zur Einhegung der Wolfspopulation in vollem Gange. „Sobald ein Wolf auftaucht, ändert sich die Situation schlagartig“, kommentiert Berns-Müller. Die Zukunft der traditionellen Landwirtschaft wird zunehmend herausgefordert, während die Wölfe im Hintergrund durch die Landschaft streifen.
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