Peking ist derzeit Schauplatz eines bemerkenswerten Trends, der die Beziehung zwischen Menschen und Haustieren auf eine neue Ebene hebt. Ein kleiner Pekingese namens Baobao ist in der Tierarztpraxis von Dr. Hu Yusheng, wo ihm Akupunkturbehandlungen im Rahmen der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) verabreicht werden. Diese Art der Behandlung ist nicht nur auf die Gesundheit des Tieres ausgerichtet, sondern betrachtet auch dessen energetisches Gleichgewicht, was mit dem Begriff „Qi“ bezeichnet wird. Dr. Hu erklärt, dass er seinen Fokus nicht nur auf die Symptome legt, sondern den gesamten Organismus des Tieres in seine Behandlung einbezieht.
Die Behandlung von Haustieren mit TCM ist in China, wo der Markt für solche Dienstleistungen boomt, zunehmend populär. Viele Menschen in städtischen Gebieten nehmen ihre Tiere nicht nur als Begleiter, sondern investieren auch in deren Wohlbefinden, so Dr. Hu. Es scheint, als wäre der kleine Pekingese Teil eines größeren Phänomens, das sich in einer Gesellschaft entwickelt, in der Elternschaft zunehmend als teuer und belastend wahrgenommen wird.
Demografische Veränderungen und Kostendruck
Die gegenwärtige demografische Situation in China zeigt, dass immer mehr Paare die Entscheidung treffen, keine oder nur wenige Kinder zu bekommen. Laut Schätzungen leben bereits etwa 116 Millionen Hunde und Katzen in den Städten, und diese Zahl wächst kontinuierlich. Die gesellschaftlichen Änderungen tragen dazu bei, dass Haustiere mehr und mehr als Ersatz für Kinder angesehen werden. Dies steht in starkem Gegensatz zur Politik der vergangenen Jahrzehnte, als die Ein-Kind-Politik die Geburtenraten stark regulierte.
Ein Blick auf die finanziellen Aspekte der Kindererziehung macht die Sache deutlich: Die Investitionen für ein Kind bis zur Volljährigkeit belaufen sich auf etwa 538.000 Yuan, was umgerechnet etwa 68.400 Euro entspricht. Diese Summe ist das 6,3-Fache des durchschnittlichen Jahreseinkommens in China, was viele Paare dazu bewegt, die Kosten und den Druck der Kindererziehung abzuwägen und sich stattdessen für ein Haustier zu entscheiden. Dies könnte ein Satz von Dr. Hu erklären, der feststellt: „Menschen benötigen emotionalen Trost, weshalb viele sich entscheiden, ein Haustier zu halten.“
Ein florierender Markt für Haustiere
Die Marktanalysen zeigen, dass China auf dem Weg ist, einen enormen Markt für Haustiere zu entwickeln. Laut einer Untersuchung der US-Investmentbank Goldman Sachs könnte der Markt für Tierfutter bis zum Ende des Jahrzehnts rund 63 Milliarden Yuan, was etwa 8 Milliarden Euro entspricht, erreichen. Doch noch brisanter ist die Prognose, dass in den Städten Chinas bis 2030 möglicherweise mehr Haustiere als Kinder unter vier Jahren leben könnten – und dies fast im Verhältnis zwei zu eins.
Diese Entwicklungen beispielsweise auch zur Folge, dass sich spezielle Dienstleistungen und Produkte für Tiere immer höherer Beliebtheit erfreuen. In Peking verkauft Li Te maßgeschneiderte Tierkuchen. Kunden können ihr Haustier fotografieren und das Bild beim Bestellen der Torte mit angeben, damit eine Nachbildung des Tieres aus frischen Zutaten entsteht. Der Hype um besondere Anlässe wie Hundehochzeiten oder Tiergeburtstage zeigt, wie ernst es Halter mit der Feier ihres kleinen Freundes nehmen. Li berichtet, dass die Bestellungen zu besonderen Anlässen, wie dem Internationalen Kindertag, immer häufiger eingehen.
Doch mit dem florierenden Haustiergeschäft kommen auch kritische Stimmen. Tierrechtsorganisationen wie Peta Asia warnen vor den Bedingungen, unter denen manche Haustiere aufgezogen werden. Obwohl die Sorge um das Wohl der Tiere gewachsen ist, prangern sie die Missstände bei bestimmten Züchtern an, die oftmals unter untragbaren Bedingungen arbeiten. Es bleibt abzuwarten, wie sich dieser vielschichtige Markt und die damit verbundenen ethischen Fragen in Zukunft entwickeln werden, während immer mehr Menschen Tiere als Teil ihrer Familie betrachten.
Die Veränderungen in der chinesischen Gesellschaft und das zunehmende Bedürfnis nach emotionaler Unterstützung scheinen den Wert von Haustieren auf völlig neue Weise zu definieren. Eine detaillierte Betrachtung dieser Phänomene findet sich in einem Artikel von www.radiohagen.de.