Dresden (dpa) – Der bevorstehende Wahlsonntag in Sachsen steht im Zeichen ungewisser Ergebnisse. Während die CDU und die AfD in den Umfragen einen erbitterten Wettkampf um die Spitze ausfechten, kämpfen die SPD, die Grünen und die Linke um das Überleben im neuen Landtag. Gleichzeitig bringt das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) frischen Wind in die politische Landschaft, das mit bis zu 15 Prozent in aktuellen Umfragen die drittstärkste Kraft sein könnte.
Die Zeiten, in denen die CDU nur über die Höhe ihrer Stimmen spekulierte, sind vorbei. So zeigt eine Analyse von Politikwissenschaftlern, dass die Zahl der Zweitstimmen für die CDU seit 1994 kontinuierlich gesunken ist. Der Trend ist besorgniserregend und hat das Bild der Partei in Sachsen stark verändert. Bei der vergangenen Landtagswahl 2019 konnte die CDU zwar mit 32,1 Prozent vor der AfD (27,5 Prozent) bleiben, doch seither hat sich das Kräfteverhältnis spürbar verschoben. Anfängliche Siege der AfD bei Bundestags- und Europawahlen werfen Fragen zur Stabilität der CDU auf.
Wahlprognosen und neue Allianzen
Aktuellen Umfragen zufolge hat die CDU mit 33 Prozent und die AfD mit 30 Prozent die Nase vorn, dicht gefolgt von dem BSW mit 12 Prozent. Die SPD und die Grünen liegen bei 6 Prozent, während die Linke möglicherweise mit 4 Prozent aus dem Parlament fliegt. Eine Forsa-Umfrage für RTL/ntv zeigt ein ähnliches Bild, was die Unsicherheiten vor der Wahl weiter verstärkt. Politikwissenschaftler Johannes Kiess spricht von einem „offenen Ausgang wie nie zuvor“ und deutet darauf hin, dass für Grüne und Linke insbesondere Direktmandate entscheidend sein könnten, um wieder in das Parlament einzuziehen. Viele Unbekannte bedeuten auch große Herausforderungen für die Regierungsbildung.
Ein möglicher Amtsbonus für Ministerpräsident Michael Kretschmer, der die CDU als Spitzenkandidat anführt, könnte jedoch die Wahldynamik verändern. Einige Politikwissenschaftler glauben, dass Kretschmer eine starke Verhandlungsposition genießen könnte, sollte es tatsächlich zu einer Einigung mit BSW und Grünen kommen. Diese Konstellation könnte die politische Landschaft in Sachsen nachhaltig beeinflussen und das Regieren für jede Partei erschweren.
Agressiver Wahlkampf und gesellschaftliche Spannungen
Die Aggressivität im Wahlkampf ist spürbar gestiegen. Vorländer hebt hervor, dass nicht nur in sozialen Medien Stimmung gemacht werde, sondern die Herausforderungen auch auf der Straße bemerkbar werden. Der Übergriff auf den SPD-Politiker Matthias Ecke beim Plakatieren zeigt, wie gefährlich die politische Atmosphäre geworden ist. Gleichzeitig führt der verschärfte Ton im Wahlkampf dazu, dass tradierte Koalitionen in Frage gestellt werden. So äußern die Grünen Bedenken gegenüber dem BSW und beschuldigen die CDU und SPD, eine Schwäche für eine Minderheitsregierung zu zeigen.
Der Umgang zwischen den Parteien wird in dieser angespannten Situation immer heikler. Während die CDU und SPD einerseits in der Vergangenheit mehrfach koaliert haben, könnte die gegeneinander gerichtete Rhetorik die Möglichkeiten für zukünftige Allianzen stark einschränken.
Ob die Wähler tatsächlich die zahlreichen Veränderungen akzeptieren und dem BSW oder den kleineren Parteien eine Chance geben werden, bleibt abzuwarten. In der fußläufigen Stimmung scheint die Nervosität der Parteien jeden Moment auf den Höhepunkt zuzuschneiden. Der Ausgang der Wahl könnte die politische Landschaft in Sachsen für viele Jahre prägen.
– NAG