Unter einem Kassenautomaten, inmitten des Nieselregens, sitzt die 50-jährige Melanie in Gelsenkirchen und blickt hoffnungsvoll auf die vorbeigehenden Passanten. Jutebeutel mit ihren wenigen Habseligkeiten liegen neben ihr, während sie freundlich „Guten Tag“ sagt, in der Hoffnung auf ein paar Cent. Seit sieben Jahren lebt sie auf der Straße, ein Leben geprägt von Schlafmangel und ständiger Unsicherheit. „Ich renne meistens die ganze Nacht herum“, erzählt sie, „und wenn ich endlich müde bin, finde ich keinen ruhigen Platz zum Schlafen.“ Ständig wird sie gestört, sei es durch besorgte Passanten oder die Polizei.
Die Geschichte von Melanie ist kein Einzelfall. Die Zahl der Wohnungslosen in Gelsenkirchen steigt alarmierend an. Während 2017 noch 100 Menschen ohne festen Wohnsitz waren, sind es in diesem Jahr bereits 183, darunter 17 Frauen. Die Stadt hat erkannt, dass dringender Handlungsbedarf besteht und plant, bis zum nächsten Sommer ein umfassendes Konzept zur Unterstützung von Obdachlosen zu entwickeln. Melanie selbst hat in der Vergangenheit schon mehrfach die Erfahrung gemacht, dass ihr Hab und Gut gestohlen wurde, weshalb sie es vorzieht, im Freien zu schlafen. Ihr Leben, einst normal mit einer abgeschlossenen Schreinerausbildung, hat sich dramatisch verändert, und den Kontakt zu ihrer Familie hat sie vor Jahren abgebrochen.
Ein Leben ohne Hoffnung
Im „Weißes Haus“, einer Beratungsstelle der Caritas, erfahren Obdachlose wie Melanie Unterstützung. Hier können sie sich waschen und etwas essen, doch die Gründe für ihre Situation sind oft vielschichtig: Probleme mit Ämtern, Arbeitslosigkeit, Drogenmissbrauch und familiäre Gewalt sind nur einige der Herausforderungen. Melanie sehnt sich nach einem normalen Leben, doch die Realität macht ihr zu schaffen. „Je länger dieser Zustand anhält, desto schwieriger wird es, die Kurve zu kriegen“, sagt sie mit gebrochener Stimme. Ihr Selbstwertgefühl schwindet, und die Hoffnung, je wieder ein Dach über dem Kopf zu haben, stirbt täglich ein Stück mehr.