Bei der jüngsten AWO-Regionalkonferenz im Medio Rhein-Erft in Bergheim wurde eine Ära beendet. Nach 32 Jahren im Amt trat Helga Kühn-Mengel, eine prominente Figur der Arbeiterwohlfahrt, nicht mehr zur Wahl an. Ihre Verdienste wurden mit stehenden Ovationen gewürdigt, als die Delegierten aus den AWO-Ortsvereinen des Kreises Euskirchen und des Rhein-Erft-Kreises sich von ihr verabschiedeten. Sie wurde von Axel Heiner Dabitz, dem AWO-Bezirksvorsitzenden, zur Ehrenvorsitzenden ernannt und in der Laudatio als „moderne Marie Juchacz“ geehrt, eine respektvolle Anspielung auf die Gründerin der AWO.
Kühn-Mengel, die zuvor Bundestagsabgeordnete war, nutzte die Gelegenheit, um einen kurzen Rückblick auf ihre lange Karriere zu geben. In ihrer Ansprache betonte sie, dass ihr unermüdlicher Einsatz für soziale Belange sowohl aus ihrer professionellen Tätigkeit als Psychologin im Frühförderzentrum für Kinder in Köln als auch aus der Zusammenarbeit mit der AWO resultierte. „Die AWO hat viel Gutes für die Gesellschaft geschaffen, und vieles davon funktioniert auch heute noch“, sagte Kühn-Mengel und hob hervor, wie wichtig die Organisation weiterhin sein wird.
Bergheim: Die neue Doppelspitze der AWO
In diesem Jahr wurden Werner Wamser aus Hellenthal und Christiane Wenner aus Brühl als neue Doppelspitze des AWO-Regionalverbandes Rhein-Erft und Euskirchen gewählt. Diese Entscheidung spiegelt ein Bestreben wider, die Führungsstruktur der AWO zukunftssicher zu gestalten. Geschäftsführer Andreas Houska verdeutlichte in seiner Rede, dass die AWO im Jahr 2023 mit einer soliden Bilanzsumme von 60 Millionen Euro gut aufgestellt sei, trotz einiger Herausforderungen, die das vergangene Jahr mit sich brachte. Er führte beispielsweise den drastischen Mitgliederverlust an, der zum Schließen mehrerer Ortsvereine führte. In anderen Bereichen, wie Oberaußem, Erftstadt und Stommeln, ist hingegen ein Anstieg der Mitgliederzahlen zu verzeichnen.
Ziel der neuen Führung ist es, die AWO nicht nur als Dienstleister, sondern auch als „sozialpolitische Stimme“ in der Gesellschaft zu positionieren. Dies ist besonders wichtig in der aktuellen politischen Landschaft, in der laut Kühn-Mengel antidemokratische und rassistische Tendenzen auf der Tagesordnung stehen. „Wir werden uns diesen Herausforderungen entgegenstellen“, versprach sie und äußerte ihr Vertrauen in die zukünftige Arbeit der AWO.
Ein Abschied und neue Herausforderungen
Die Verabschiedung Kühn-Mengels war von Emotionen geprägt. Besonders herausgestellt wurde ihr unermüdlicher Einsatz für soziale Projekte in der Region. Bei der Würdigung dankte die stellvertretende Bürgermeisterin von Bergheim, Elisabeth Hülsewig, der scheidenden Vorsitzenden für ihre jahrelange Arbeit. Auch die Vertreterinnen von Kindertagesstätten überreichten ihr ein selbstgemaltes Bild als Zeichen der Anerkennung und Wertschätzung.
Die Ehrungen während der Konferenz setzten sich fort: Axel Heiner Dabitz zeichnete darüber hinaus Hans Krings, Heide Royen und Georg Neunzig mit der Marie-Juchacz-Plakette aus. Diese Anerkennungen honorieren herausragende Leistungen innerhalb der Organisation und zeigen, wie wichtig die ehrenamtliche Arbeit der Mitglieder ist.
Die AWO steht vor wichtigen Aufgaben, und die neue Doppelspitze zeigt sich bereit, die Herausforderungen der Zukunft anzunehmen. Angesichts der aktuellen Entwicklungen in Deutschland bleibt es abzuwarten, wie die AWO auf neue gesellschaftliche Bedarfe reagiert und ihre Rolle als Fürsprecherin sozialer Gerechtigkeit und Inklusion weiterhin Architektur für ein gemeinsames Miteinander gestalten wird.
Die Awo (Arbeiterwohlfahrt) hat in Deutschland eine lange Geschichte, die bis in die Weimarer Republik zurückreicht. 1919 wurde sie gegründet, um die sozialen Probleme der damaligen Zeit anzugehen, insbesondere die der Arbeiterklasse. Marie Juchacz, die Initiatorin, war eine der ersten weiblichen Mitglieder des Deutschen Reichstags und setzte sich zeitlebens für soziale Gerechtigkeit und Gleichberechtigung ein. Unter ihrer Führung entwickelte sich die Awo zu einem wichtigen Anbieter sozialer Dienste in Deutschland. Auch heute noch steht die Awo für soziale Teilhabe, Chancengleichheit und die Bekämpfung von Armut und Ungleichheit in allen gesellschaftlichen Schichten.
In den letzten Jahren hat die Organisation verschiedene Herausforderungen gemeistert, die sowohl durch soziale Umwälzungen als auch durch wirtschaftliche Unsicherheiten geprägt sind. Es gibt einen zunehmenden Bedarf an sozialen Dienstleistungen, insbesondere für Migranten, Alleinerziehende und ältere Menschen. Laut dem aktuellen Bericht der Awo zu sozialen Entwicklungen in Deutschland wird die Nachfrage nach Dienstleistungen in den Bereichen Pflege, Integration und Beratung voraussichtlich weiter steigen. Diese anhaltenden Herausforderungen unterstreichen die Relevanz der Awo als soziale Instanz.
Soziale Herausforderungen und Trends
Die sozialen Herausforderungen haben sich in den letzten Jahren verändert. Große gesellschaftliche Umwälzungen, wie die COVID-19-Pandemie, haben soziale Ungleichheiten verschärft und den Druck auf soziale Einrichtungen erhöht. Die Awo hat auf diese Herausforderungen mit unterschiedlichen Projekten und Initiativen reagiert. Beispielsweise werden in vielen Regionen Arbeitshilfen für Menschen angeboten, die aufgrund des pandemiebedingten wirtschaftlichen Rückgangs ihren Arbeitsplatz verloren haben.
Zusätzlich zu diesen Anpassungsmaßnahmen hat der Verband auch Programme fokussiert, die auf die Unterstützung der psychischen Gesundheit abzielen. Angesichts der steigenden Einsamkeit und Stressinfektion gibt es verstärkt Angebote zur Mental Health Unterstützung, die direkt vor Ort zugänglich sind. Die Bedeutung der sozialen Arbeit in diesen Bereichen ist unverkennbar, und die Anerkennung durch die lokale und nationale Politik wächst.
Mitgliederentwicklung und Zukunftsperspektiven
Die Mitgliederentwicklung in der Awo ist ein weiteres wichtiges Thema. Während einige Ortsvereine, wie erwähnt, aufgrund von Mitgliederschwund schließen mussten, gibt es in anderen Regionen Anzeichen für ein Wachstum. Der Geschäftsführer Andreas Houska hat die Notwendigkeit betont, die Awo für die Zukunft gut aufzustellen. Durch die Einführung von modernen Kommunikationsmitteln und gezielten Kampagnen hofft der Verband, mehr Menschen für seine Arbeit zu gewinnen und sie zum aktiven Mitgliedschaft zu bewegen.
Ein zukunftsweisender Ansatz könnte die betonte Partizipation der Mitglieder sein. Die Awo hat bereits auf den Generationenwechsel in der Mitgliedschaft reagiert und versucht, jüngere Mitglieder aktiv einzubinden. Sie bieten Plattformen für die Stimme der Jugend und setzen sich für deren Belange ein. Über die sozialen Medien und andere digitale Kanäle investiert die Awo Ressourcen, um ihre Zielgruppen zu erreichen und das gesellschaftliche Engagement zu fördern.
Der Weg der Awo bleibt herausfordernd, aber durch die kontinuierliche Anpassung an gesellschaftliche Veränderungen und den Fokus auf die Bedürfnisse der Mitglieder zeigt der Verband, dass er sowohl gegenwärtigen als auch zukünftigen Herausforderungen gewachsen ist.
– NAG