Köln (dpa) – Ein denkwürdiger Abend für Wilfried Schmickler! Während er im Sauerland auf der Bühne stand, platzte die Ampelkoalition. Ein Zuschauer flüsterte ihm zu: „Haben Sie es schon gehört? Der Scholz hat den Lindner entlassen.“ Ein Schockmoment, der ihn dazu brachte, sein Programm spontan umzugestalten. „Ich muss ja auf aktuelle Entwicklungen reagieren“, erklärt der Kabarettist, der heute seinen 70. Geburtstag feiert.
Schmickler, bekannt für seine scharfen, schnellen Pointen, überrascht mit einer ehrlichen Offenbarung: Spontanität ist nicht sein Ding. „Ich kann nicht improvisieren. Ich brauche einen Text vor mir.“ Akribisch recherchiert er, bevor er sich an den Schreibtisch setzt und seine Texte verfasst. „Das fließt mir nicht aus den Händen, im Gegenteil. Ich bastle und feile, hadere bis zum Schluss.“ Ein echter Perfektionist!
Ein Kabarettist mit Tradition
Als politischer Kabarettist hat Schmickler eine treue Fangemeinde, die überwiegend aus Menschen über 50 besteht. „Die haben den gleichen Hintergrund wie ich. Das ist ein Vorteil, weil wir die gleiche Sprache sprechen.“ Jüngere Fans sind für ihn kein Ziel, denn er weiß, dass er bei ihnen erst einmal erklären müsste, was die DDR war. In sozialen Medien hält er sich fern und zieht sein altes Handy hervor – kein Smartphone! „Das geht mir alles zu schnell, da komme ich auch nicht mehr mit.“ Diese Entscheidung schützt ihn vor viel Hetze, auch wenn er per E-Mail regelmäßig böse Kommentare erhält, besonders zu Themen wie Flüchtlingen und Gendern. „Die Absender tun mir eher leid, weil sie so feige sind,“ sagt er mit einem Schulterzucken.
Seine Karriere begann in den 70er Jahren in einem selbstverwalteten Jugendzentrum, wo er eine Theatergruppe gründete. Über die Jahre sammelte er Bühnenerfahrung und trat als Solokünstler auf. Bekannt wurde er durch die WDR-Kabarettsendung „Mitternachtsspitzen“, wo er fast 30 Jahre lang zum Ensemble gehörte. Legendär sind seine Sketche mit Uwe Lyko als „Loki und Smoky“, die den ehemaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt aufs Korn nahmen. Trotz seines Ausstiegs aus der Sendung Ende 2020 bereut er diese Entscheidung nicht: „Es war der richtige Zeitpunkt, um aufzuhören.“ Doch mit dem Kabarett aufhören will er vorläufig nicht – die Kraft reicht noch! Zu seinem 70. Geburtstag hat er 250 Freunde und Wegbegleiter eingeladen, um im Atelier seiner Frau zu feiern, wo eine Ausstellung mit Erinnerungsstücken über ihn zu sehen ist. „Da ist schon einiges zusammengekommen,“ sagt er stolz.