In Mainz hat die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) in Rheinland-Pfalz einen bedeutenden Wandel vollzogen, indem sie ihre bisherige Landtagsfraktionschefin, Sabine Bätzing-Lichtenthäler, mit beeindruckenden 98,98 Prozent der Delegiertenstimmen zur neuen Parteivorsitzenden wählte. Diese Wahl markiert einen historischen Moment, da Bätzing-Lichtenthäler die erste Frau in diesem Amt ist und zum ersten Mal seit drei Jahrzehnten die Position des Parteivorsitzenden und des Fraktionsvorsitzenden in einer Person vereint wird. Ihr Vorgänger, Kurt Beck, erhielt im Jahr 2008 mit 99,5 Prozent ein noch höheres Ergebnis.
Die Notwendigkeit dieser Zäsur zeigt sich vor dem Hintergrund der Landtagswahl 2026. Nach über 33 Jahren Führung der Regierung durch die SPD in Rheinland-Pfalz steht ein Generationswechsel an. Alexander Schweitzer, der erst vor kurzem als Ministerpräsident gewählt wurde, hatte bereits ein starkes Mandat erhalten, und die neue Parteiführung erhofft sich durch diesen Wechsel einen frischen Wind.
Der Abschied von Roger Lewentz
Auch der scheidende Parteichef Roger Lewentz hat seine Rolle in diesem Wechsel gespielt. Nach 12 Jahren an der Spitze der rheinland-pfälzischen SPD trat Lewentz nicht erneut zur Wahl an, sondern übergab seiner Nachfolgerin ein gut organisiertes Partei- und Regierungsteam. In seiner Abschiedsrede rief er dazu auf, sich auf einen „fulminanten Wahlsieg“ bei den kommenden Wahlen vorzubereiten. Seiner Meinung nach ist der Übergang zu Bätzing-Lichtenthäler und Schweitzer die beste Weichenstellung dafür, ein enges Band zwischen der Partei und ihren Wählern aufrechtzuerhalten.
Der Parteitag stand unter dem Motto „Unsere Tradition: Zukunft!“, eine Ansprache, die dem Vermächtnis und den zukünftigen Zielen der SPD Rechnung trug. Lewentz wurde zum Ehrenvorsitzenden ernannt und erhielt dabei großen Applaus von den rund 450 Delegierten und Gästen, die auch der ehemaligen Ministerpräsidentin Malu Dreyer Respekt zollten.
Ein neuer stellvertretender Parteichef
Mit Sven Teuber aus Trier steht nun ebenfalls ein neuer stellvertretender Parteivorsitzender zur Verfügung, der 90 Prozent der Stimmen erhielt. Diese Wahl war notwendig, da das Amt zuvor von Bätzing-Lichtenthäler besetzt war. Teuber vertritt nun zusammen mit weiteren stellvertretenden Vorsitzenden, darunter Schweitzer und Finanzministerin Doris Ahnen, die Interessen der Partei.
Bätzing-Lichtenthäler hat bereits klare Vorstellungen für die zukünftige Ausrichtung der SPD. Sie möchte das Wahlprogramm für die Landtagswahl 2026 partizipativ mit den Mitgliedern erarbeiten, wobei ein wichtiger Höhepunkt ein großer Kongress im Jahr 2025 sein soll. „Wir sind mittendrin bei den Menschen und Themen“, erklärte sie und strebt an, ein neues, inklusives Engagement für die SPD zu fördern. Besonderes Augenmerk legt sie darauf, die Mitgliederzahl zu erhöhen und mehr Frauen für die Politik zu gewinnen, und will den Alltag für aktive Parteiarbeit erleichtern.
Mit einem klaren Mandat in der Hand sieht Bätzing-Lichtenthäler den Fokus der Partei auf Bildungsgerechtigkeit, der Stärkung kommunaler Gemeinschaften sowie auf guten Löhnen und Arbeitsbedingungen für alle Menschen. In einer Zeit, in der Veränderungen dringend notwendig sind, stehen diese Themen ganz oben auf ihrer Agenda.
SPD-Parteichef Lars Klingbeil hob während des Parteitags die Bedeutung des rheinland-pfälzischen Verbands hervor. Er bezeichnete die Partei als „Lieblingslandesverband“ und lobte ihre Fähigkeit, starke Persönlichkeiten zu entwickeln, die nicht nur auf Landes-, sondern auch auf Bundes- und europäischer Ebene Bedeutung haben. „Die größte Stärke liegt in der Bürgernähe“, so Klingbeil, der auch den Wunsch nach mehr Geschlossenheit innerhalb der SPD in den Raum stellte.
Bätzing-Lichtenthäler und ihre Mitstreiter stehen vor der Herausforderung, die SPD in der derzeitigen politischen Landschaft zu positionieren. Sie sind sich jedoch der Wichtigkeit eines starken Teams bewusst. „Wir sind eine starke SPD“, sagte Dreyer und versicherte den Delegierten, dass der Zusammenhalt auch in Zukunft bestehen bleibt.
Mit dieser historischen Wahl setzt die SPD in Rheinland-Pfalz einen klaren Signal für einen Neuanfang und die Zukunft ihrer politischen Agenda. Der Druck, der auf der neuen Führung lastet, könnte nicht größer sein, und die Parteivorsitzende Bätzing-Lichtenthäler und Ministerpräsident Schweitzer wissen, dass sie alles geben müssen, um die Wähler von ihrem Kurs zu überzeugen.