In Wiltingen an der Saar, einem kleinen Ort, in dem Vergangenheit und Moderne aufeinandertreffen, sorgt die Faszination für alte Schreibmaschinen für eine Renaissance des Handwerks. Klackende Tasten und sanftes Surren erinnern an eine Zeit, in der das Schreiben mit einer mechanischen Maschine eine Kunst war. Jakob Kramp und sein Cousin Paul Hallmanns, beide leidenschaftliche Sammler und Nutzer dieser Geräte, haben sich mit Begeisterung dem Erhalt und der Reparatur von über 100 Schreibmaschinen verschrieben.
Die beiden jungen Männer, 23 und 24 Jahre alt, lieben das spezielle Gefühl, das das Tippen auf einer Schreibmaschine vermittelt. Für Kramp, der Physik an der Universität Aachen studiert, ist das Erlebnis einzigartig: „Man tippt etwas ein, und es sieht nicht nur fantastisch aus, es bleibt dauerhaft bestehen.“ Diese Wertschätzung geht über die physische Präsenz des Geräts hinaus; es ist eine Verbindung zur Vergangenheit, die sie als Kinder bei ihren Großeltern entdeckten.
Eine Leidenschaft, die verbindet
Die Verbindung von Emotion und Technik ist nicht zu übersehen, wenn man die Werkstatt der beiden betritt. Die liebevoll restaurierten Schreibmaschinen, darunter Marken wie Olivetti, Adler und Remington, zeugen von der Ästhetik und die innovative Technik vergangener Jahrzehnte. Hallmanns hebt hervor, wie spannend es sei, durch die verschiedenen Epochen der Technik zu reisen: „Das ist eine irre Technik, die da drinsteckt.“ Diese Begeisterung führte dazu, dass die beiden vor fünf Jahren einen umgebauten Heuboden als Werkstatt und Verkaufsstelle eröffneten.
Ein fester Bestandteil ihrer Arbeit ist nicht nur die Restauration, sondern auch der Verkauf funktionierender Geräte über das Internet. Die Nachfrage kommt nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus dem Ausland, wo Sammler und Liebhaber auf der Suche nach funktionierenden Schreibmaschinen sind. „Es sind auch viele, die sich Schriftsteller nennen und darauf schreiben wollen“, erzählt Kramp.
Ein Rückhalt in der Digitalära
Obwohl die beiden in ihrer Werkstatt der analogen Technik anhänglich sind, zeigen sie sich pragmatisch. „Wir sind Schreibmaschinen-Pragmatiker, keine Dogmatiker“, sagt Kramp und erläutert, dass sie die modernen Technologien im Studium nicht missen möchten. Dennoch verbindet die beiden eine tiefe Liebe zu diesen historischen Geräten, die ihre eigenen Geschichten erzählen.
So haben sie sich umfangreiche Kenntnisse in der Reparatur und Restauration angeeignet, auch wenn der Weg dorthin mit Herausforderungen gespickt war. „Wir haben am Anfang auch etliche Maschinen zerstört, aber mittlerweile können wir es“, sagt Hallmanns stolz. Ein gewisses Risiko ist immer vorhanden, da viele Modelle nicht mehr hergestellt werden und Teile schwer zu beschaffen sind.
Für die beiden Männer ist die Schreibmaschine nicht nur ein Hilfsmittel; sie hat auch einen hohen emotionalen Wert für viele ihrer Kunden. Hallmanns schildert, dass im Ort ein Winzer sei, der regelmäßig zur Wartung vorbeikomme, weil er Rechnungen mit der Schreibmaschine schreibe. „Für diese Leute haben die Geräte auch einen hohen emotionalen Wert“, stellt er fest.
Die Liebe zu diesen klassischen Geräten bleibt nicht unbemerkt. Veit Didczuneit, Leiter der Sammlungen im Museum für Kommunikation Berlin, berichtet regelmäßig von Spendern, die gut erhaltene Schreibmaschinen mit kleinen Geschichten übergeben. „Schreibmaschinen sind positiv besetzt“, so Didczuneit, „sie regen die Kommunikation an.“ Trotz der Tatsache, dass das Schreiben auf einer Schreibmaschine heutzutage eher eine Seltenheit ist, schätzen viele Menschen den nostalgischen Charme und die kreative Inspiration, die diese Maschinen bieten.
Ein Stück Geschichte in der Hand
Bald wird Paul Hallmanns für ein Auslandssemester nach Italien fahren, und auch dort wird er seiner Leidenschaft treu bleiben. „Ich nehme auf jeden Fall eine Reiseschreibmaschine mit, wahrscheinlich die Olivetti Ico“, sagt er entschlossen. Es ist ein klares Zeichen: Für ihn und Jakob Kramp ist das Schreiben auf einer Schreibmaschine nicht nur eine nostalgische Übung, sondern auch ein Element der Verbindung zur Vergangenheit, das sie in der heutigen digitalen Welt aufrechterhalten.
Die Entwicklung der Schreibmaschinen
Die Schreibmaschine hat eine bemerkenswerte Geschichte, die bis ins 18. Jahrhundert zurückreicht. Die erste kommerziell erfolgreiche Schreibmaschine wurde 1868 von Christopher Latham Sholes patentiert. Diese Maschine, bekannt als die Sholes und Glidden Schreibmaschine, oder auch Remington 1, war die erste, die in Massenproduktion gefertigt wurde. Ihre Einführung revolutionierte die Art und Weise, wie Menschen schrieben und Dokumente erstellten. Mit einer Taste für jeden Buchstaben und einer neuartigen Tastaturanordnung, die heute als QWERTY bekannt ist, setzte sie Standards für zukünftige Schreibmaschinen.
Im Laufe des 20. Jahrhunderts erlebte die Schreibmaschine viele Innovationen, darunter die Einführung von elektrischen Modellen in den 1930er Jahren und die Entwicklung portabler Schreibmaschinen. Diese technischen Fortschritte machten das Schreiben nicht nur einfacher, sondern auch effektiver. Die Olivetti Lettera 22, die von Kramp und Hallmanns erwähnt wird, war ein solches tragbares Modell, das in den 1950er Jahren sehr beliebt war und oft von Schriftstellern verwendet wurde.
Der Nostalgiefaktor und die Rückkehr zur Schreibmaschine
In der heutigen digitalen Ära mögen Schreibmaschinen wie Relikte aus der Vergangenheit erscheinen, doch das nostalgische Gefühl, das sie hervorrufen, hat einen neuen Markt für die alten Geräte geschaffen. Besonders unter kreativen Menschen und Schriftstellern empfinden viele eine Anziehung zu der greifbaren Erfahrung, die das Tippen auf einer mechanischen Maschine mit sich bringt. Menschen schätzen den tactile Eingabemechanismus, die akustischen Rückmeldungen und das physische Resultat ihrer Schreibarbeit.
Das Interesse an Schreibmaschinen wird oft mit einer Suche nach Authentizität und einer Verbindung zur eigenen Kreativität assoziiert. In einem Zeitalter von E-Mails, Textnachrichten und digitalen Dokumenten sehnen sich viele nach einer einfacheren, direkten Art des Schreibens. Diese Rückkehr zu analogen Mitteln könnte zudem als eine Form der Gegenbewegung zur digitalen Überflutung interpretiert werden.
Marktforschung und Demografie
Eine aktuelle Studie zeigt, dass das Interesse an Schreibmaschinen in den letzten Jahren gestiegen ist, insbesondere unter jüngeren Erwachsenen und Studenten. Laut einer Umfrage von [Statista](https://www.statista.com) gaben 17 % der Befragten an, gelegentlich eine Schreibmaschine zu verwenden oder Interesse daran zu haben, eine zu besitzen. Zudem zeigen Verkaufsdaten, dass der Markt für gebrauchte Schreibmaschinen 2022 ein Umsatzwachstum von 10 % verzeichnete, was auf eine steigende Nachfrage hinweist.
Während die Hauptkäufer oft Vintage-Liebhaber und Sammler sind, finden auch viele Kreative und Studenten Gefallen an den Geräten. Es ist zu beobachten, dass Schreibmaschinen zunehmend nicht nur für ihre ursprüngliche Funktion, sondern auch als dekorative Objekte in Wohnräumen genutzt werden, was deren Markt weiter beflügelt.
– NAG