In einer tragischen Wendung der Ereignisse vor der Küste der Kanareninsel El Hierro sind vermutlich Dutzende Migranten bei einem Bootsunglück ums Leben gekommen. Nach Angaben des spanischen Seenotdienstes wird die Zahl der vermissten Personen auf mindestens 48 geschätzt. Während der Rettungsoperation, die in der Nacht zum Samstag begann, konnten neun Leichen geborgen und 27 Überlebende gefunden werden, darunter vier Minderjährige.
Das Unglück ereignete sich am Samstagmorgen, als das Holzboot, das mindestens 84 Migranten aus Afrika beförderte, während eines Rettungseinsatzes etwa vier Seemeilen südlich von La Restinga kenterte. Berichten zufolge kam es zu dem Unglück, weil sich zu viele Passagiere auf eine Seite des Bootes drängten, als ein Seenotrettungskreuzer näher rückte. Für die Vermissten sinkt die Hoffnung auf Überleben stetig; schon am Samstag hatte der Einsatzleiter angedeutet, dass die Chancen, einige der Verschollenen lebend zu finden, sehr gering seien.
Kampf ums Überleben
Unter den Geretteten herrschte große Erschöpfung. Sie waren dehydriert und litten unter Unterkühlung. Der Vertreter der Zentralregierung auf den Kanaren, Anselmo Pestana, berichtete, dass diese Menschen zwei Tage ohne Wasser und Nahrung auskommen mussten und in ihrer Verzweiflung sogar Salzwasser tranken. Die panikartigen Reaktionen an Bord des überfüllten Bootes wurden wahrscheinlich durch das Erscheinen des Rettungsschiffes ausgelöst. Überlebende berichteten, dass das Boot eine Woche zuvor in Nouadhibou, Westmauretanien, abgelegt hatte, was etwa 750 Kilometer Luftlinie von El Hierro entspricht.
Die migrationsoffenen Routen zwischen Afrika und den Kanaren haben in diesem Jahr eine alarmierende Zunahme an Migranten verzeichnet. Laut dem UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) haben in diesem Jahr bereits fast 30.000 Migranten den gefährlichen Überweg zu den Kanaren erfolgreich geschafft – ein deutlicher Anstieg im Vergleich zum Vorjahr. Die meisten Boote verlassen die Küstenregionen Westafrikas, die sich von Guinea im Süden bis nach Marokko im Norden erstrecken.
Die spanische Hilfsorganisation Caminando Fronteras schätzt, dass von Januar bis Ende Mai etwa 4.800 Menschen während der Überfahrt ertranken oder an den Folgen der Erschöpfung starben. Dieses traurige Ereignis wirft einmal mehr einen Schatten auf die gefährlichen Bedingungen, unter denen Migranten versuchen, Europa zu erreichen. Sicherheit und Möglichkeiten für legale Migration bleiben drängende Themen, die dringend angegangen werden müssen, um zukünftige Tragödien zu verhindern.