In der Wesermarsch sorgt eine auffällige orange Bank für Aufsehen und Aufmerksamkeit rund um ein drängendes gesellschaftliches Problem: Gewalt gegen Frauen. Diese Bank, die das Motto „Hier ist kein Platz für Gewalt gegen Frauen“ trägt, reist von Rathaus zu Rathaus, um das Thema aus der Tabuzone zu holen und mehr Frauen zu ermutigen, Hilfe bei Beratungsstellen oder Institutionen zu suchen. Der Ort dieser Aktion ist die Region Wesermarsch, die in den letzten Jahren mit einem alarmierenden Anstieg an gemeldeten Fällen häuslicher Gewalt konfrontiert ist.
Wie deutlich die Situation ist, zeigt ein erschreckender Anstieg der Fälle häuslicher Gewalt. Die Gleichstellungsbeauftragte Maren Ozanna und ihr Team hatten 2023 mit 448 Vorfällen zu kämpfen, was einem Anstieg von 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Dies deutet darauf hin, dass mehr Frauen bereit sind, sich Hilfe zu suchen, aber es bleibt unklar, ob dies auf ein wachsendes Bewusstsein oder tatsächlich auf eine Zunahme der Gewalt schließen lässt. Besonders besorgniserregend ist, dass in mehr als der Hälfte der Fälle nicht die Frauen selbst, sondern Polizeibeamte die Beratungsstelle informieren, nachdem sie gerufen wurden.
Häusliche Gewalt - Ein komplexes Phänomen
Die Tatsache, dass häusliche Gewalt viele Gesichter hat, ist von entscheidender Bedeutung. Ozanna erklärt, dass nicht nur körperliche Gewalt eine Rolle spielt, sondern auch psychische Gewalt, Stalking sowie soziale und wirtschaftliche Unterdrückung. Frauen, die betroffen sind, sehen sich häufig mehreren dieser Gewaltformen ausgesetzt. Im Jahr 2023 betraf häusliche Gewalt in Deutschland rund 256.276 Menschen, wobei 65 Prozent der Fälle in Partnerschaften stattfanden. Interessanterweise sind 80 Prozent der Betroffenen in diesen Partnerschaften Frauen, was das Geschlechterungleichgewicht in dieser dramatischen Thematik weiter verdeutlicht.
Trotz der zunehmenden Zahl von Hilfesuchenden sind viele Betroffene oft unsicher, wie eine Beratung abläuft. Die hohen Barrieren, wie Scham und Angst vor Stigmatisierung, sind häufig Faktoren, die Frauen davon abhalten, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ozanna weist darauf hin, dass viele Frauen über Jahre hinweg Beratung in Anspruch nehmen, sich aber nicht in der Lage sehen, den Schritt zur Trennung zu gehen, da die Trennungssituation oft die gefährlichste für die Betroffenen ist.
Initiativen zur Steigerung der Sensibilisierung
Um das Bewusstsein für dieses drängende Problem zu schärfen, organisiert die Wesermarsch zahlreiche Initiativen. Am international anerkannten „Orange Day“ am 25. November wird auch in Wesermarsch eine symbolische Fahne am Kreishaus gehisst. Eine besondere Aktion, die im letzten Jahr durchgeführt wurde, beinhaltete das Verteilen von 32.000 orangenen Tüten mit wertvollen Informationen und Kontaktadressen. Diese Tüten wurden zusammen mit lokalen Bäckereien verteilt und fanden großen Anklang bei der Bevölkerung.
Eine weitere interessante Facette dieser Initiative ist die orange Bank selbst, die nicht nur ein Symbol, sondern auch ein interaktives Element ist. Zukünftig ist geplant, die Bank mit Kontaktdaten und QR-Codes auszustatten, um die Erreichbarkeit der Beratungsstelle noch weiter zu verbessern. Dies würde es Frauen erleichtern, sich in schwierigen Situationen direkt Unterstützung zu holen, ohne lange nach Informationen suchen zu müssen.
Ein bemerkenswerter Teil des Projekts umfasst auch eine Fotoaktion, bei der Bürger, lokale Politiker und Mitarbeiter der Verwaltung ermutigt wurden, sich auf der Bank ablichten zu lassen, um ein Zeichen gegen Gewalt zu setzen. Diese Foto-Collage wird zur weiteren Sensibilisierung genutzt, wie die Gleichstellungsbeauftragte erklärt. Das Engagement der Community zeigt, dass die Kollektion von Fotos nicht nur ein Kunstwerk, sondern auch ein starkes Bekenntnis zu einem wichtigen Thema ist.
In der Wesermarsch ist die orange Bank nicht nur ein statisches Kunstwerk, sondern kann zu einem Symbol für Hoffnung und den Mut werden, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Die Gemeinde Lemwerder hat bereits Interesse daran bekundet, eine eigene Bank zu initiieren, und es bleibt abzuwarten, wie dieses Konzept weiterentwickelt wird, um noch mehr Aufmerksamkeit auf die Problematik zu lenken.
Diese Bewegung steht nicht nur für die Unterstützung der Betroffenen, sondern wirft auch ein Licht auf die Notwendigkeit konstanter Gespräche und Bildungsmaßnahmen rund um Gewalt gegen Frauen. Neben den zwei markanten Tagen im Jahr, wie dem Internationalen Frauentag oder dem Orange Day, fordert Ozanna eine regelmäßige Auseinandersetzung mit den Themen, um die gesellschaftliche Wahrnehmung von Gewalt in der Partnerschaft nachhaltig zu verändern.
Für weitere Informationen und aktuelle Entwicklungen zum Thema Gewalt gegen Frauen bietet die Beratungsstelle LaWeGa im Kreishaus Brake Unterstützung. Betroffene können sich anonym, kostenlos und vertraulich Unterstützung holen. Die Beratungsstelle hat das Ziel, Frauen in Krisensituationen zu stärken und ihnen den notwendigen Raum zu geben, um für sich und ihre Rechte einzustehen, wie auch aktuelle Berichterstattung auf www.nwzonline.de zeigt.
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