Verden (dpa) – Ein schockierender Fall von Gewalt hat die Öffentlichkeit tief erschüttert. Ein Soldat steht vor Gericht, nachdem er beschuldigt wird, eine ganze Mordserie geplant und ausgeführt zu haben, die von rücksichtsloser Brutalität geprägt ist. Dieser Prozess hat nicht nur die juristische Gemeinschaft in Aufruhr versetzt, sondern wirft auch ein grelles Licht auf die dunklen Abgründe von Eifersucht und Besitzansprüchen in zwischenmenschlichen Beziehungen.
Am ersten Verhandlungstag vor dem Landgericht Verden wurde von der Staatsanwaltschaft ein verstörendes Bild des Vorgehens des Angeklagten gezeichnet. Dieser scheint nicht einfach impulsiv gehandelt zu haben; vielmehr ging er laut Anklage wie in einer militärischen Operation vor. Mit einer detaillierten Planung, die an kriegerische Taktiken erinnert, bereitete er sich auf die Tat vor. Die Aggression war gerichtet gegen den neuen Partner und die beste Freundin seiner Ehefrau, die ihm anscheinend den Zugang zu seinem eigenen Sohn verwehren wollten.
Rigides Vorgehen und kaltblütige Ausführung
Der Angeklagte, ein geschulter Fallschirmjäger der Bundeswehr, soll seine Waffen in der Kaserne geladen und Molotow-Cocktails sowie Nebeltöpfe vorbereitet haben. Diese militärischen Vorbereitungen verwickeln das Gericht in eine Welt, die für viele unbegreiflich scheint. Der Angeklagte drang dann nachts in die Häuser seiner Opfer ein – ganz im Stile des Häuserkampfs. In einem Einfamilienhaus in Scheeßel überfiel er den neuen Lebensgefährten seiner Frau, der sich im Bett mit seinem kleinen Sohn und dessen Eltern befand. Sowohl die Mutter als auch ihr Sohn wurden in einem brutalen Übergriff erschossen, als sie sich schutzlos im Schlaf befanden.
Erstaunlicherweise bleibt der Angeklagte bei seiner Verhaftung ruhig und gefasst, während er den Gerichtssaal betritt. Ein Punkt der Verhandlung, der die Anwesenden besonders aufhorchen ließ, war seine Weigerung, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Lediglich das Nötigste zu seinen persönlichen Daten beantwortete er, während sich der Raum mit Anspannung füllte, als die Staatsanwältin die furchtbaren Details des Verbrechens darlegte.
Die Psychologie hinter der Gewalttat
Der Begriff „Stellvertreter-Femizid“ ist in diesem Zusammenhang von essenzieller Bedeutung. Johanna Wiest, eine Expertin für häusliche Gewalt von der Frauenrechtsorganisation Terre de Femmes, erklärt, dass diese horrenden Taten oft aus einem irrigen Gefühl von Besitzanspruch resultieren. Der Täter sieht in der Tötung nahestehender Personen das Auslöschen der „Bedrohung“ für sein eigenes Wohlbefinden. Die Ex-Partnerin bleibt dabei am Leben, wird jedoch auf perfide Weise psychisch terrorisiert.
Die Statistiken zur Gewalt gegen Frauen sind erschreckend: Laut Bundeskriminalamt wurden im vergangenen Jahr 155 Frauen in Deutschland von einem Partner oder Ex-Partner getötet. Obgleich spezifische Zahlen zu Stellvertreter-Femiziden fehlen, deuten Forschungen darauf hin, dass in 12 Prozent dieser Fälle zusätzlich andere Menschen, wie etwa Kinder oder neue Partner, ihr Leben verlieren.
Nach dem letzten Mord soll der Angeklagte einen See in Rotenburg an der Wümme aufgesucht haben. Berichten zufolge war dies der Ort, an dem er seine Frau kennengelernt hatte. Mit einem kühlen Kopf nach den Grauen, die er gerade verübt hatte, setzte er sich an den See, trank Bier und fuhr dann zu einer Kaserne, wo er sich schließlich der Polizei stellte.
Ein langes Verfahren steht bevor
Die Verhandlungen gestalten sich als langwierig. Bereits jetzt ist klar, dass der Angeklagte mit einer schweren Strafe rechnen muss. Die Richterin erteilte den rechtlichen Hinweis, dass eine besondere Schwere der Schuld vorliegen könnte, was in Deutschland häufig zu einer besonders hohen Haftstrafe führt. Die Staatsanwaltschaft denkt zudem über eine Sicherungsverwahrung nach, sodass der Beschuldigte auch nach der Haftstrafe nicht auf freien Fuß kommt. Insgesamt sind 35 Verhandlungstage anberaumt, mit der Möglichkeit, dass ein Urteil vielleicht gegen Ende März gefällt wird.
Ein Skandalumkreis der Gewalt
Dieser Fall hat eine neue Diskussion über das Thema Gewalt in Partnerschaften entfacht. Die erschütternden Details und die Taten, die aus einem stark patriarchalen Machtgefühl heraus entstehen, kommen an die Oberfläche. Es wird immer deutlicher, dass Gewalt nicht nur ein individuelles Problem ist, sondern ein gesellschaftliches, das dringend behandelt werden muss.
Der gesellschaftliche Kontext von Femiziden
Femizide, besonders in Deutschland, sind nicht nur individuelle Tragödien, sondern spiegeln tiefere gesellschaftliche Probleme wider. Der Begriff „Femizid“ bezeichnet die gezielte Tötung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts. In einer patriarchalen Struktur, in der Frauen oft als Eigentum von Männern betrachtet werden, sind solche Taten sowohl das Ergebnis von persönlichen als auch von gesellschaftlichen Bedingungen. Es gibt zunehmend Bewegungen, die auf die Notwendigkeit einer kritischen Auseinandersetzung mit Geschlechterrollen und der Gewalt gegen Frauen hinweisen.
Organisationen wie Terre des Femmes setzen sich aktiv für den Schutz von Frauen und die Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt ein. Sie fordern umfassende politische Maßnahmen, die sowohl Prävention als auch eine bessere Aufklärung der Rechtslage und der Hilfsangebote für Betroffene beinhalten.
Zahlen und Fakten zu Gewalt gegen Frauen in Deutschland
Laut dem Bericht des Bundeskriminalamts (BKA) wurden im Jahr 2021 insgesamt 147.000 Fälle von Gewalt gegen Frauen erfasst. Diese Zahl umfasst sowohl körperliche Gewalt als auch Sexualdelikte. Die Dunkelziffer ist jedoch hoch, da viele Frauen aus Angst oder Scham keine Anzeige erstatten.
Ein besonders alarmierendes Faktum ist die Verknüpfung von Beziehungsgewalt und Femiziden. Der BKA-Bericht zeigt, dass circa 80 % der Femizide in einer Beziehung zu den Opfern stehen. Diese statistischen Einblicke verdeutlichen, wie wichtig der gesellschaftliche Dialog über gewalttätige Beziehungen und die nötigen Unterstützungsangebote sind.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland
In Deutschland gibt es gesetzliche Regelungen, die Opfer von häuslicher Gewalt schützen sollen. Das Gewaltschutzgesetz ermöglicht es Frauen, ihre Partner von der gemeinsamen Wohnung auszuschließen und ihnen den Kontakt zu untersagen. Trotz dieser Gesetze bleiben viele Frauen jedoch in gewalttätigen Beziehungen, oft weil sie finanziell oder emotional abhängig sind.
Zusätzlich zur gesetzlichen Lage ist die Sensibilisierung der Polizei und Justiz für die spezifischen Herausforderungen, die Frauen bei der Meldung von Gewalt erleben, entscheidend. Schulungsprogramme und für Frauen zugängliche Unterstützungsdienste sind notwendig, um sicherzustellen, dass Betroffene in Krisensituationen die Hilfe erhalten, die sie benötigen.
– NAG