Goslar – Ein untypischer Anblick hat die Natur rund um den Hahnebalzer Teich im Harz erobert: Fast 2000 Hippies haben sich hier niedergelassen, um ein farbenfrohes und friedliches Leben in der Natur zu führen. Die Gruppe gehört zur sogenannten „Rainbow Family“, einer international agierenden Gemeinschaft von Naturliebhabern, die seit mehr als einem halben Jahrhundert existiert. Ihre jährlichen Treffen sind bekannt dafür, dass sie den Vollmond zelebrieren und die Liebe zur Natur verkörpern.
Ursprünglich hatten sich die Mitglieder der „Rainbow Family“ dafür entschieden, auf einer privaten Fläche im Solling zu campen. Diese Entscheidung führte jedoch zu Konflikten mit den ansässigen Landwirten, was sie dazu brachte, ihr Lager an den Hahnebalzer Teich zu verlegen. Dieser Schritt kam jedoch nicht ohne Herausforderungen, denn das neue Terrain befindet sich in einem Landschaftsschutzgebiet. Das bedeutet: Zelten, Rauchen und offenes Feuer sind hier strikt verboten.
Konfrontation mit der Polizei
Die Situation eskalierte, als die örtlichen Behörden, vertreten durch die Landkreise Göttingen und Goslar, ein Betretungsverbot für das 200-Hektar-Gebiet verhängten. Polizisten schritten ein, indem sie nicht nur den Wohnraum der Hippies kontrollierten, sondern auch Autos abschleppten und Zelte sowie persönliche Gegenstände sicherstellten. Doch der Kern der „Rainbow Family“ zeigt sich unbeeindruckt von diesen Maßnahmen.
Einer der Camper, ein Gärtner namens Robin, äußerte sich dazu: „Wir lieben die Natur und hinterlassen den Wald sauberer, als wir ihn vorgefunden haben. Wir nehmen nicht nur unseren Müll mit, sondern auch den, der hier schon lange liegt.“ Dieses Engagement für die Umwelt wird von den anderen Mitgliedern der Gemeinschaft geteilt, die mit einer Vielzahl von Kulturen vertreten sind.
Dima und Maria aus der Ukraine finden in der Gemeinschaft Trost, während sie den Krieg in ihrer Heimat ausblenden. „Hier ist alles so friedlich“, sagt Dima, als sie gemeinsam im nahegelegenen Teich baden. Das Camp bietet den beiden eine willkommene Abwechslung und ein Gefühl von Normalität in turbulenten Zeiten.
Pazifistische Lebensweise
Sara, eine Camperin aus den USA, erklärt die Prinzipien der „Rainbow Family“, die auf Zusammenhalt und Respekt basieren. „Wir leben im Einklang mit der Natur“, betont sie. Die Überzeugung, dass Berufe, Religionen oder Hautfarben keine Rolle spielen, wird in der Gemeinschaft stark gelebt. „62 Nationen leben hier zusammen, ohne Anführer. Wir sind eine Familie“, fügt sie hinzu. Dieser egalitäre Ansatz zeigt, wie man friedlich zusammenleben kann, unabhängig von den Unterschieden, die den Alltag normalerweise prägen.
Ein wichtiges Regelwerk sorgt dafür, dass jeder Neue im Camp über umweltfreundliche Praktiken informiert wird. Dinge wie Alkohol und Drogen sind ausdrücklich verboten, was die friedliche Atmosphäre fördert. Sara ist sich sicher, dass die Bedenken hinsichtlich einer möglichen Waldbrandgefahr unbegründet sind: „Wir haben Sicherheitsvorkehrungen getroffen, um sicherzustellen, dass hier kein Risiko besteht.“ Und dennoch bleibt die Frage offen, ob die Hippies ihr Vollmondfest, das für Montag geplant ist, ohne weitere Störungen feiern können.
Sollten sie aus dem Harz abziehen müssen, könnte dies eine längere Abwesenheit vom deutschen Boden zur Folge haben. Gemäß den Regeln der Gemeinschaft findet ein „Gathering“ erst nach sieben Jahren wieder im gleichen Land und nach 18 Jahren am selben Ort statt. Dieses Way of Life, der Zeltplatz und das unkonventionelle Leben der „Rainbow Family“ könnte also weitreichende Folgen für zukünftige Zusammenkünfte haben.
Ein Ort des friedlichen Miteinanders
Das Camp der „Rainbow Family“ ist nicht nur ein Ort der Zusammenkunft, sondern auch ein Symbol für die Hoffnung auf ein harmonisches Zusammenleben in Zeiten von Unruhen und Konflikten. Die Hippies zeigen, dass es möglich ist, unabhängig von den Herausforderungen des Lebens eine Gemeinschaft zu bilden, die von Liebe zur Natur, kultureller Vielfalt und Frieden geprägt ist. Unabhängig von den Schwierigkeiten, die vor ihnen liegen, bleibt das Engagement für eine bessere Welt und die Kraft der Gemeinschaft als treibende Kraft im Vordergrund.
Hintergründe zur Rainbow Family
Die Rainbow Family ist eine globale Gemeinschaft von Menschen, die sich dem Leben im Einklang mit der Natur verschrieben hat. Gegründet in den frühen 1970er Jahren während einer Zeit politischer und sozialer Umbrüche in den USA, wuchs die Bewegung schnell und umfasst heute Anhänger aus über 60 Ländern. Ihr jährliches „Gathering“ hat sich als zentrales Ereignis etabliert, bei dem die Teilnehmer nicht nur den Vollmond feiern, sondern auch ihre Werte der Gleichheit, Frieden und des Umweltschutzes praktizieren. Dieses Jahr findet das Gathering in Deutschland statt, was auf das große Interesse und die zunehmende Neugier an dieser Gruppenphilosophie hinweist.
Das Prinzip der Gemeinschaft basiert auf dem Konzept, dass jeder Mensch gleich ist, ohne Hierarchien oder Führungsstrukturen. Teilnehmer bringen Lebensmittel und Ressourcen gemeinsam ein, wobei das Teilen und der respektvolle Umgang miteinander im Vordergrund stehen. Diese Lebensweise zieht Menschen verschiedener Herkunft an: Vom jungen Studenten bis hin zu Familien mit Kindern. Die Rainbow Family ist ein Raum für Menschen, die Frieden und Verständigung suchen, unabhängig von Herkunft oder Weltanschauung.
Reaktionen von Behörden und Anwohnern
Die Besetzung des Landschaftsschutzgebiets durch die Rainbow Family hat nicht nur die Behörden, sondern auch die ansässige Bevölkerung in Aufregung versetzt. Die Landkreise Göttingen und Goslar haben aufgrund der Regelverstöße, die mit einem Campingaufenthalt in einem Naturschutzgebiet einhergehen, ein Betretungsverbot erlassen. Diese Einschränkung soll den Schutz der Natur fördern und mögliche Risiken, wie etwa Feuergefahr, verringern.
Anwohner zeigen unterschiedliche Reaktionen auf die Präsenz der Hippies. Einige unterstützen die Bewegung und schätzen die friedliche Atmosphäre, während andere Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen auf die Natur und lokale Ressourcen äußern. Vor allem die Einhaltung von Gesetzen und Vorschriften wird von vielen als wichtig erachtet, um die Schönheit des Harzgebietes zu bewahren. Die Diskussion darüber, wie gesellschaftliche Normen und Naturschutz in Einklang gebracht werden können, bleibt ein zentrales Thema in dieser Situation.
Friedliche Koexistenz und Umweltschutz
Die Rainbow Family betont den Umweltschutz als einen zentralen Bestandteil ihrer Philosophie. Die Mitglieder berichten von ihrem Engagement, geschädigte Umweltbereiche zu säubern und nachhaltig zu leben. Beispiele dafür sind das Mitnehmen von Abfällen aus dem Wald sowie die Installation von umweltfreundlichen Kochmethoden, die keine Feuergefahr darstellen. Dies zeigt den Versuch der Gruppe, sowohl ihren Lebensstil zu praktizieren als auch Verantwortung für die sie umgebende Natur zu übernehmen.
Die Herausforderung bleibt, diese Praktiken in einem geschützten Gebiet durchzusetzen, in dem das Zelten und die Nutzung von offenem Feuer verboten sind. Die Rainbow Family hat eigene Regeln etabliert, um möglichen Konflikten mit den Behörden entgegenzuwirken, und möchte somit ihren Lebensstil mit dem gesetzlichen Rahmen in Einklang bringen.
Durch Rücksichtnahme auf die Umwelt und intensive Aufklärung innerhalb der Gruppe könnte eine Brücke zwischen ihrer Lebensweise und den Forderungen des Naturschutzes geschlagen werden.
– NAG